1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Musik: Musik: Die Boygroup der ersten Stunde

Musik Musik: Die Boygroup der ersten Stunde

Von ANDREAS HILLGER 31.10.2008, 19:42

HALLE/MZ. - Als sich ein Bass namens Robert Biberti auf die Annonce meldete, war dies der Beginn einer Legende - und zog die Verpflichtung der Sänger Ari Leschnikoff, Erich Collin, Roman Cykowski sowie des Pianisten Erwin Bootz nach sich.

Wie aus diesem Sextett die "Comedian Harmonists" wurden, kann man nun auf der Kulturinsel Halle sehen - und vor allem hören! Es ist eine ebenso mutige wie glückliche Entscheidung, das Stück von Gottfried Greiffenhagen nicht aus dem Ensemble zu besetzen, sondern auf eine der profiliertesten A-cappella-Gruppen hierzulande zu vertrauen. Mit Java Five hat Regisseur Frieder Venus ein Ensemble gefunden, das bei aller musikalischen Perfektion und Raffinesse keineswegs stromlinienförmig aufgebaut ist: In den Stimmfächern zwischen dem ersten Tenor Michael Eimann und dem Bass Stephan Eisenmann versammeln sich dank Konrad Zeiner (zweiter Tenor), Thomas Piontek (Bariton) und Matthias Zeeb (Tenor Buffo) ebenso kantige wie charmante Typen, die enorme Bühnenerfahrung mit Spielfreude verbinden und sich gemeinsam mit dem Pianisten Michael Hinze durchaus selbstbewusst vor ihren historischen Vorbildern verbeugen.

Da das Stück die ebenso steile wie kurze Karriere der Comedian Harmonists vor allem aus Klassikern wie "Veronika, der Lenz ist da" oder "Das ist die Liebe der Matrosen", "Schöne Isabella aus Kastilien" oder "Mein kleiner grüner Kaktus" entwickelt, zeigt sich die ganze Kunst des Regisseurs in den szenischen Arrangements zu diesen Liedern. Und hier liefert Frieder Venus vom kollektiven Teil-Striptease bis zur abgedrehten Ägyptomanie eine Fülle von Einfällen, die immer auch die Charaktere der Interpreten und die Binnenspannung der Gruppe mitdenken.

Dazwischen braucht es wenig Worte, um den Zweifel der Anfänger und den Dünkel der Stars zu erhellen - zumal Reinhard Straube als Running Gag die Randfiguren der Geschichte verlässlich hereinträgt. In grünem Fummel und mit Strapsen, in Nachthemd oder mit Berliner Wampe ist er eigentlich ein Fall für die Chargen-Polizei, passt aber perfekt in den Travestie-Taumel der späten zwanziger Jahre. Dass er zudem den Schrecken verkörpert, der in schwarzer Uniform schließlich für das Ende der jüdisch-deutschen Combo sorgt, zeigt die Doppelbödigkeit der mit leichter Hand und festem Griff gearbeiteten Inszenierung.

Zum Finale aber wird - anders als in der Wirklichkeit - dann doch noch einmal "Ein Freund, ein guter Freund" angestimmt und mit einigen Rap- und Beat-Box-Passagen in die Gegenwart gewuchtet. Diese Hymne glaubt man den Jungs sofort - und darum wäre es ein Wunder, wenn dieser umjubelte Abend nicht zum Hit der Saison würde!

Nächste Vorstellungen: 12. und 22. November, jeweils 19.30 Uhr