Musik Musik: Der Sänger Rainald Grebe hat immer mehr Fans

Berlin/dpa. - Auch wenner bei dem Wort vermutlich Ausschlag bekommt: Grebe ist «Kult». Seitzwei Jahren ist er mit seiner Band, der Kapelle der Versöhnung,unterwegs, mit wachsender Fangemeinde. Jetzt soll sogar eineGroßfamilie in Mecklenburg-Vorpommern seine Lieder am Lagerfeuergesungen haben, mit «Gitarre schrammeln und billigem Rotwein», wieGrebe erfreut festgestellt hat. Sein neues Programm nennt er dazupassend «Volksmusik».
Fanpost bekommt er von «depressiven Jugendlichen und älterenDamen», sagt Grebe, der auf der Bühne gern Indianerfedern trägt, mitironisch gelüpfter Augenbraue. Irgendwo zwischen LiedermacherReinhard Mey und Satiriker Wiglaf Droste hat der Sänger einekomfortable Nische in der Bühnenlandschaft besetzt. Er selbst siehtsich eher in der Tradition von Punk und Neuer Deutscher Welle oderzwischen Kafka und Monty Python - wenn es denn schon ein Etikett seinmuss. Die Jury des Kleinkunstpreises Prix Pantheon urteilte in ihrerLaudatio: «Manchmal erschließt sich erst auf dem Heimweg dieHeimtücke seiner Reime.»
Für die «Brandenburg»-Hymne, seinen bekanntesten Hit, hat sichGrebe vom Fernsehen in der Berliner U-Bahn inspirieren lassen. Dortkommt das Umland meist nur mit einer Nachricht - Wildunfälle oderVerkehrtote - vor, wie der Musiker erzählt. «Ich wollte eigentlicheine Berlin-Hymne schreiben und habe gemerkt, das kann ich nicht.» Soentstanden Zeilen wie «Da stehen drei Nazis auf dem Hügel / Undfinden keinen zum Verprügeln». Für Grebe sind es «Seelenzustände»,die in die Texte einfließen, keine Provokation. Das klingt dann so:«Wenn man Bisamratten im Freibad sieht / Dann ist man imNaturschutzgebiet, Mark Brandenburg». Zugleich macht er sich über denHauptstadt-Hype lustig ist: «Berliiiin - Alle wollen dahiiiin / Darumwill ich das auch».
In den 90er Jahren studierte der Kölner an der BerlinerSchauspielschule «Ernst Busch» Puppenspiel. «Alle sagen Du zueinanderund kriegen 'ne Zwei», erinnert er sich. Von der Studienzeit sindZeilen wie «Ich bin ein Wochenendseminar / Und finde statt in ruhigerLage» inspiriert. Vieles ist von dem angeregt, was Grebe selbsterlebt hat, wie offensichtlich bei den Szenen einer «Fete» um vierUhr morgens («Melanie liegt im Krautsalat / Thorsten liegt imFaber»). Auch aus Dialogen mit der Ex-Freundin hat Grebe nichtunbedingt zu deren Freude Originalzitate wie «Wie sehe ich aus?Gefall' ich dir?» musikalisch verwurstet.
Mit Comedian Thomas Hermanns, in dessen «Quatsch Comedy Club»Grebe auch aufgetreten ist, dreht er einen Film über einenTheaterregisseur, der in Coburg «My fair Lady» inszeniert. Eineeigene Fernsehsendung hat er bereits mehrfach abgelehnt, erzähltGrebe. «Ich bin da sehr skeptisch.» Wenn seine Lieder auf derInternetbörse Youtube weiter gereicht werden oder sich auf seinerHomepage seitenweise Fans melden, ist ihm das lieber. «Das Schönsteist, dass immer mehr Leute in die Konzerte kommen», findet er.
Sein zweiter Hit, «Thüringen», entstand in Jena, wo er alsDramaturg, Schauspieler und Regisseur arbeitete. In dem Freistaatkann es passieren, dass 300 Leute aufstehen und mitsingen beim Liedüber das «Land ohne Prominente»: «Naja, gut, es gibt DagmarSchipanski / Die könnte auch in Sofia Professorin für Hammerwurfsein». Wie Landtagspräsidentin Schipanski auf das Lied reagiert hat,weiß Grebe nicht. «Aber ihre Sekretärin soll sehr gelacht haben.»
(Am Samstag und Sonntag tritt Grebe im Tipi - Das Zelt amKanzleramt in Berlin auf.)