Musical-Premiere an der Oper Halle Musical an der Oper Halle: Annie erobert die Herzen

Halle (Saale) - Jugendliche Jubelschreie waren nach der Premiere des Musicals „Annie“ hinter dem Vorhang des halleschen Opernhauses zu vernehmen. Das kam wenig überraschend.
Denn kurz zuvor gab es im Saal minutenlang Standing Ovations für das Ensemble - und nicht zuletzt für die zahlreichen Darstellern aus dem Kinder- und Jugendchor der Oper Halle. Allen voran Emma Michaelis in der Titelrolle, die ihren Part unbekümmert und berührend spielte.
Musical Annie an der Oper Halle
Die Geschichte um das elfjährige Waisenkind Annie mit den auffällig roten Locken ist ein Broadway-Klassiker. Und der Zauber des amerikanischen Vorbilds war in jeder Sekunde spürbar in Halle.
Regisseur Peter Dehler inszenierte New York und Washington anno 1933 in atmosphärisch stimmigen Bühnenbildern und Kostümen. Hinzu konnte das Musical mit großem Einfallsreichtum überzeugen.
Dem hat die Staatskapelle Halle (Musikalische Leitung Peter Schedding) in nichts nachgestanden. Das Orchester versprüht instrumental den Charme des Hollywoods der Goldenen Ära, der von den Darstellern gesanglich mitreißend aufgenommen wurde. Schon der Auftakt mit „Hard Knock Life“ sorgte für Szenenapplaus - der für jede weitere Darbietung folgen sollte.
Spielend, singend und tanzend entfalten die Protagonisten ein Spektakel auf der Bühne. Dass die Umsetzung so bravourös gelingen konnte, fußt auf der Akribie in der Ausführung klassischer und moderner künstlerischer Elemente. Scheu vor dem großen Gestus des Broadway-Vorbildes gibt es nicht. Im Gegenteil: Opulent bietet das Stück eine Show in allen möglichen Gefühlslagen.
Das Musical aus der Feder von Charles Strouse, das 1977 uraufgeführt und 1982 auch verfilmt wurde, verbindet tragische und komische Elemente in besonderer Manier. Das gelingt durch pointierte Dialoge und eine starke Überzeichnung der Charaktere, die geradezu prototypisch in Gut und Böse aufgeteilt sind. Signifikant ist die ironische Brechung dieses Schemas.
Musical Annie an der Oper Halle: Darum geht es in der Geschichte
Die Handlung startet im Schlafsaal eines Waisenhauses in New York City. Dort lebt die kleine Annie. Die despotische Heimleiterin Mrs. Hannigan (Danne Suckel) schikaniert ihre Schutzbefohlenen auf üble Art und Weise. Doch die Kinder wissen sich zu wehren und spielen der Dame einen Streich nach dem anderen.
Annie ist voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Immer wieder reißt sie aus dem Heim aus und sucht nach ihren leiblichen Eltern. Als der Milliardär Oliver Warbucks (Peter W. Bachmann) sie schließlich zu Weihnachten in einem „Anfall“ menschlicher Güte zu sich holt, folgt eine schicksalhafte Wendung.
Zwar mutet dieser Plot klischeehaft an. Doch unter dieser Folie verarbeitet das Musical Themen wie Einsamkeit, Furcht und politische Unruhen. Die Zeit der Weltwirtschaftskrise verunsicherte 1933 die Menschen in den USA - und in Deutschland begann das dunkelste Kapitel seiner Geschichte. Erzählt aus den Augen eines Kindes, verliert sich das Stück nicht in Schwermut.
Die Aktualität gesellschaftlicher Diskussionen gelingt „Annie“ nebenbei, manchmal wohl eher unbeabsichtigt. Spätestens als der Milliardär abfällig über Parteimitglieder der Demokraten spricht, holt den Zuschauer unvermittelt die Gegenwart ein.
Mit Ernst und Augenzwinkern: Musical Annie an der Oper Halle
Dazu gehört der in der krisenhaften Zeit wachsende Unterschied zwischen Arm und Reich. Danne Suckel und Peter W. Bachmann interpretieren ihre Rollen authentisch - aber stets mit Augenzwinkern. Während Heimleiterin Hannigan von Reichtum träumt, erschüttert die naive Weltsicht Annies das Lebensmodell des zynischen Milliardärs. Warbucks erkennt: Es braucht nicht viel, um glücklich zu sein.
Der Glücksgriff der halleschen Bühnen mit der Inszenierung von „Annie“ auf überzeugendem Niveau verdankt sich nicht zuletzt den jungen Sängern und Schauspielern, denen ihre Freude am Spiel anzusehen war. Erfreulich auch, dass zur Premiere so viele junge Zuschauer den Weg in das Opernhaus gefunden hatten. (mz)