Museum der bildenden Künste Museum der bildenden Künste: Glashaus in Leipzig weckt Lust auf Bilder
Leipzig/MZ. - Bevor also alle sagen, was Museum und lokale Medien jetzt schon vorgeben: außen pfui, innen hui, sei an die ursprüngliche Intention erinnert. Der Sachsenplatz sollte von der Nachkriegs-Ödnis zum Stadtraum im Sinne Leipziger Höfe umgewandelt werden: mittig der Glaskörper mit lichten Atrien an allen vier Seiten, umgeben von winkelförmigen Häusern an den Ecken.
Dass davon nur eines realisiert wurde, das Stadthistorische Museum, ist mangelnder Finanzkraft geschuldet. Dass die Glasfassade (wie lange?) noch auf sich warten lässt, ist aber vor allem das Problem der Architekten, dem Berliner Büro Hufnagel, Pütz, Rafaelian, das noch kein Projekt vergleichbarer Größe zu stemmen hatte. Die Rede ist derzeit von "profiliertem Gussglas" für die Fassade, das also Aus- und Durchblicke gewähren wird, was die nicht geringste Attraktion des Baus in seiner Innenwirkung auch ist. Damit lockt er jedenfalls, außer mit der Kunst, vorausgesetzt, man hat Kraft genug, die gewaltigen Flügeltüren millimeterweise aufzudrücken.
Ist man drin, bemerkt man die gestalterische Askese in Beton, Glas und Eiche. Treppen so steil wie auf Maja-Tempeln führen von Düsternis ins Licht. Es explodiert förmlich in der Rauminszenierung auf der mittleren Ebene. Bis hierher regiert die Architektur, die weiß, dass ein Glanzpunkt gesetzt werden sollte.
Ironischerweise kommt man mit der Kunst vergleichbar beeindruckend zunächst im "Beethoven"-, sprich ersten Max-Klinger-Saal in Berührung. Der präsentiert die polychrome Plastik des Erz-Symbolisten entsprechend farbstark und überhöht. Jedoch können die Architekten nicht genug über die gegen ihren Willen grün getünchte Halle und den mit Terrazzo ausgegossenen Fußboden klagen, der eine Tempelatmosphäre inszeniert.
Das Museum jedenfalls wollte den Beethoven historisierend ausstellen, auch wenn es für einen Marmorboden wie im alten Haus nicht reichte. Offen ist ferner, wie die Restaurierung des Monumentalwerks "Christus im Olymp" finanziert wird, der als Arbeitsprojekt gezeigt wird. Klinger in dieser Fülle weckt die Neugier auf den Umgang mit den übrigen Sammlungen, waren sie doch so lange in Provisorien unter Wert dargeboten. Und man sieht: Das frühe 20. Jahrhundert lebt voll auf unter Führung von Beckmann, der einen ganzen Saal beherrscht. Glanzlichtartig ziehen Otto Muellers "Liebespaar" und Kokoschkas "Genfer See" den Besucher von Raum zu Raum.
An den Alten Meistern probiert Museumschef Hans-Werner Schmidt sein Farbexperiment von je einer leuchtend getünchten Wand, die auf die übrigen weißen Wände abstrahlt: rot für El Greco und die mediterranen Schulen, lindgrün für Rubens, die Holländer und die Flamen, lichtgrau für Baldung, Cranach und die Renaissance. Das ist zu diskutieren, schmerzhaft wird es allerdings beim Himmelblau für die Romantiker.
Doch was hat das Haus zu bieten an origineller Hängung? Wie konfrontiert es das Wagnis des 21. Jahrhunderts? Letzteres ganz oben. Da erscheint Neo Rauch als Herold der neuen Leipziger Schule im Prachtsaal - der Ehre entschieden zu viel für die Modeströmung eines verrätselten Realismus sowie eine Anzahl unausgereifter junger Talente.
Auf diesem Stockwerk tummeln sich als Pendant zu den Romantikern auch Bilder der Schule von Barbizon. Diese "Schenkung Bühler-Brockhaus" setzt pünktlich zur Eröffnung die Bürgertradition des Museums fort und verweist zugleich auf die Lücken der Sammlung, die weiter am Etat krankt.
Unten im Keller schließlich, glanzlos und mit eingezogenen Wänden verstellt, läuft die "Konferenz der Bilder" - ein Versuch, Ost und West ins Gespräch zu bringen. Doch was sagt ein Kopffüßler von Horst Antes zwischen einem Tennisspiel von Dietrich Burger und einem Plagwitz-Bild von Günter Thiele? Was ein einzelner Willi Baumeister in einer Reihe "Leipziger Schule"? Hier gilt: Leipzig rätselt.
Offene Tür heute 10-24 Uhr. Regulär ab Sonntag: Di, Do-So 10-18 Uhr, Mi 12-20 Uhr.