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Multikulti Multikulti: Klischee oder Kultur?

01.12.2009, 08:38

Potsdam/Berlin/dpa. - Hintergrund: Seine kriminelle Vergangenheit holt Tayfun (in der Soapheißt er auch so) ein. Ein typisches Klischee.

Genauso wie der türkische Dönerbesitzer, der italienischeEisverkäufer oder der russische Dealer, die durch Deutschlands TV-Serien huschen. Multikulti ist dort immer mehr im Kommen, stellenForscher fest. Aber, so GZSZ-Sprecherin Brita Wäldrich: «Es ist eineGratwanderung zwischen dem Bedienen von Klischees und der allzurealen Darstellung von Charakteren.» Schließlich müssten Soaps dieRealität immer etwas überspitzt darstellen.

Sila Sahin ist jedenfalls froh, dass Ayla kein Kopftuch tragenmuss. «Schließlich ist das auch die moderne Türkei.» Allerdingsfindet sie auch - ob kopftuchtragende Türkin oder italienischerMacho: «Es ist nicht alles Klischee, sondern eben die Kultur.»Generell, betont Produzent Guido Reinhardt, der auch verantwortlichfür andere Dailys wie «Unter uns» oder die Telenovela «Alisa» ist:«Wir wollen keine überhöhten Klischees, die zu Abziehbildchengereichen».

Er muss aber einräumen, dass sich dies in den vergangenen Jahrengewandelt hat. Schließlich seien Serien generell realistischergeworden. Aus Reinhardts Sicht gehören ausländische Schauspieler inSoaps dazu: «Wir bilden ja die Gesellschaft ab und Multikulti ist einTeil davon.» Es sei zudem «ein Ausdruck von Toleranz», auch Russen,Türken oder Spanier in TV-Serien einzubinden.

Allerdings, so befindet zumindest Elke Schlote, zuständig für denForschungsbereich Migration/Diversity beim InternationalenZentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen, sind dieRollen für Ausländer zumeist auf Stereotype begrenzt. «Warum gibt esnicht türkische Lehrer oder polnische Beamte?», meint sie. Aus ihrenUntersuchungen etwa zur «Lindenstraße» und zu «Türkisch für Anfänger»geht zudem hervor, dass sich ausländische Zuschauer oft nichtwiederfinden in den von Ausländern gespielten Rollen.

Dass, wie Schlote festgestellt hat, ausländische Schauspielerzumeist in Nebenrollen agieren und nicht selten Opfer darstellen,kann Produzent Reinhardt indes nicht bestätigen. «In den vergangenen15 Jahren gehörten in unseren Serien 15 bis 20 Türken, Italiener,Araber, über eine gewisse Zeit fest zum Hauptcast.» So gab es beiGZSZ lange Zeit die Rolle des Deniz Ergün, in «Unter uns» die TürkinAylin. «Aylin war zwischen 1994 und 1998 mit dabei - also eine derfrühen ausländischen Soap-Rollen», erzählt Reinhardt.

Grundsätzlich sieht er einen großen Unterschied beim Multikulti-Thema in der «Lindenstraße» oder in täglich ausgestrahlten Soaps wieGZSZ: «Die "Lindenstraße" geht damit viel stärker sozial-kritisch um,wir verstehen uns mehr als Unterhaltung.» In der «Lindenstraße», dieseit Dezember 1985 läuft, waren nach Angaben der Produktion bislangmehr als 20 Schauspieler aus 15 Ländern dabei. «Die "Lindenstraße"hat schon immer das Thema Migration als wichtig und erzählenswertempfunden und versucht, dabei gesellschaftliche Realitätwiderzuspiegeln», erklärt ein Sprecher.

Wenn es nach Sila Sahin und Tayfun Baydar geht, dürften es nochviel mehr Ausländer in Serien wie GZSZ sein. «Multikulti gibt's beiuns auf der Straße, aber noch nicht im Fernsehen», meint die 23-jährige Sahin. Und was sie schon ein wenig wurmt: «Warum müssenTürken immer Türken spielen. Ich könnte doch mal eine Sonja sein.»