Mohammed-Cartoons Mohammed-Cartoons: Um Karikaturen geht der Streit nicht
Halle/MZ. - Wer sind die Rivalen?
Aber dieser Krieg hat doch längst begonnen, auch wenn die Rivalen nicht eigentlich das christliche Abendland (das es nicht mehr gibt) und das allerchristlichste Amerika (das zunehmend multikulturell durchwachsen ist) auf der einen, die moslemische Welt auf der anderen Seite sind. Vielmehr geht es doch um ein wirtschaftliches und nicht primär um ein kulturelles Gefälle sowie auch um das wachsende Selbstbewusstsein der Armen in den Ländern des Nahen Ostens, Afrikas und Asiens, die sich leicht mit religiös verbrämten Heilsparolen gegen postkoloniale Bevormundung ins Feld schicken lassen.
Ein Streit mit Zeitzünder ist es obendrein gewesen, denn das Feuerchen hat ein paar Monate gebraucht, bis sich jene, die es wollten, endlich die Hände daran wärmen konnten. Hetzer, wie sie derzeit im Iran Macht und Stimme haben, gehören mit Sicherheit dazu. Denen, die Merkel mit Hitler gleichsetzen und beide in einem Atemzug mit Juden und Zionismus nennen, darf man gewiss vieles, nur kein Interesse an einem friedlichen Miteinander in der Region und auf der Welt zutrauen. Ihnen hilft die Beleidigung des Propheten Mohammed, ausgelöst durch die Veröffentlichung von Karikaturen in einem dänischen Regionalblatt, gewiss auf das Feinste, ihr kurz gehaltenes Volk bei billigem Hass und korrekter Laune zu halten. Man darf das Missbrauch nennen.
Nun flackert das Feuer jedenfalls ganz ordentlich, sogar Tote hat es gegeben, und über allem strahlt die zynische Losung: Fundamentalisten aller Länder, vereinigt euch! Landauf, landab - selbst in den USA, wo die Öffentlichkeit vom Rest der Welt nur im begründeten Ausnahmefall Notiz nimmt, wird der Fall lebhaft diskutiert.
Die Falken um den Präsidenten Bush dürften bei aller Sorge durchaus zufrieden sein: Seht hin, so ist der, Islamist. So sieht es aus, das Gesicht des Terrors. Man mag solchen Argumenten der Form halber nicht zugeneigt sein - dass die aktuellen Ausschreitungen in einem Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September 2001 stehen, lässt sich kaum leugnen.
Schwer zu stoppen
Das Schlimme für jeden, der Aufklärung und Toleranz für Werte ansieht, ist, dass man die Kontrahenten, die sich hinter den Palisaden ihrer Propaganda tarnen, so schwer stoppen kann. Ursachen und Folgen geraten munter durcheinander, die Frontverläufe sind auch in der islamischen Welt alles andere als gerade. Aufgestauter Hass gegen den arroganten Westen, der sein Heilsbild des Marktes bringt und Profit davon trägt, ist nicht leicht zu besänftigen.
Wir aber reden vom Karikaturen-Streit und schämen uns schicklich dafür, dass die hier üblich gewordene Lockerheit im Umgang mit Glaubensdingen auf nicht säkulare Regionen übertragen worden ist. Nun soll er aber gefälligst Ruhe geben, der Muselmann, denken wir. Was zu viel ist, ist zu viel. Und da fängt das Missverständnis erst an.