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Mel Brooks Mel Brooks: Jüdischer Experte für Hitler-Witze unterhält seit Jahrzehnten

Von Christoph Driessen 27.06.2006, 09:14
US-Regisseur und Schauspieler Mel Brooks präsentiert seinen Film «The Producers» in Madrid. (Foto: dpa)
US-Regisseur und Schauspieler Mel Brooks präsentiert seinen Film «The Producers» in Madrid. (Foto: dpa) EFE

New York/dpa. - Seit nunmehr fünf Jahren wird am Broadway jedenAbend Deutsch gesungen. «Der Guten-Tag-Hop-Clop», das «Lieblingslieddes Führers», ist einer der Hits des Musicals «The Producers». Mitder vielfach ausgezeichneten Produktion ist Mel Brooks auf seinealten Tage der größte Erfolg seines langen Komikerlebens gelungen.Der Regisseur und Drehbuchautor, der am Mittwoch (28.) 80 Jahre altwird, dürfte damit als jüdischer Experte für Hitler-Witze in dieamerikanische Entertainment-Geschichte eingehen.

1967 hatte er den Stoff bereits für einen Film verwendet, der ihmzwar einen Oscar für das beste Drehbuch einbrachte, aber schnell inVergessenheit geriet. Die Musicalfassung hingegen wurde mehr als dreiJahrzehnte später in New York wie in London ein Dauerbrenner.

Der Reiz des Stückes besteht darin, dass es jede «politicalcorrectness» vermissen lässt und in einem fort Witze über Juden,Schwule, Hitler, Schwarze und Blondinen macht. Die Handlung geht inetwa so: Die beiden jüdischen Broadway-Produzenten Max Bialystock undLeo Bloom wollen in den 50er Jahren einen garantierten Musical-Flopauf die Bühne bringen, um ihre Geldgeber um die Investitionen zubetrügen und sich selbst zu sanieren. Auf der Suche nach der denkbarschlechtesten Vorlage stoßen sie auf «Frühling für Hitler», einMachwerk des emigrierten Altnazis Franz Liebkind.

Der Bayer, der Lederhose mit Stahlhelm kombiniert, züchtet auf demDach eines New Yorker Hochhauses Tauben, die den Flügel zumHitlergruß erheben können. Nachdem er die beiden Juden mitHakenkreuzbinden versehen und ihnen den Siegfried-Eid auf den Führerabgenommen hat, kommen sie miteinander ins Geschäft. Ein schwulerRegisseur inszeniert das Stück aufwendig mit Hakenkreuz-Ballett,Reichsadler-Kulisse und Showgirls im Bratwurst-Outfit. Natürlich wirddas Ganze wider Erwarten ein Riesenerfolg («Gratulation: Hitler wirdimmer laufen»), und die Produzenten landen im Kittchen.

Für den englischen Komiker Peter Sellers (1925-1980) - ebenfallsein Jude - war die Filmfassung von «The Producers» der «ultimativeFilm überhaupt» und die «Essenz aller Komödien». Die «New York Times»lobt: «Es ist so etwas wie ein Tanz auf Hitlers Grab.» Nur inDeutschland wurde Brooks gefragt, ob er Hitler nicht verharmlose.Seine Antwort: «Wir können mit den Mitteln der Komödie versuchen,Hitler seiner posthumen Macht und Mythen zu berauben. Wir nehmen ihmden heiligen Ernst, von dem er immer noch umgeben ist.»

Der Vorwurf mangelnder Feinsinnigkeit hat Brooks immer schon kaltgelassen. Auch seine 70er-Jahre-Parodien auf alle möglichenFilmgenres wie Western, Thriller, Kostümschinken, Horrorstreifen unddie Star-Wars-Serie waren allesamt Attacken gegen den gutenGeschmack. Es ist oft die schiere Freude am verletzenden Witz, dieihn umtreibt. «Ja, ich mache geschmacklose Sachen», gibt er zu, «aberdas intelligent.»