Maybrit Illner zum Islamismus Maybrit Illner zum Islamismus: Das Wort zum Sonntag schon am Donnerstag
Rostock - Die Spannung bei Polit-Talkshows wie Maybrit Illner beginnt schon in der Vorstellungsrunde: Wer ist geladen, wo sitzen die potentiellen Knalleffekte des Abends? Wer könnte sich mit wem die verbale Schlacht des Abends liefern? Der Imam, fuhr es einem gestern Abend beim Thema „Der Feind im eigenen Land ・ wer sind die Terror-Islamisten?" sofort durch den Kopf, um später innerlich rot vor Scham zu werden, weil dieser Imam, Husamuddin Meyer, eben kein radikaler, dafür aber Gefängnis-Imam in Wiesbaden ist und wohl zu den friedlichsten Menschen zwischen Ostsee und Schwarzwald gehört.
Es ging in dieser Fernsehrunde einmal mehr um die Gefahr, die von IS-Befürwortern und radikalen Islamisten in Deutschland ausgeht. Vor wenigen Tagen gab es nach Dresden und Braunschweig eine dritte Terrorwarnung in Bremen. Die Polizei untersuchte daraufhin einige Gläubige in einer Moschee. Beschwerden des Islamischen Kulturzentrums über unrechtes Verhalten der Polizei wurden laut. Wenn da wirklich etwas passiert wäre – der Aufschrei wäre groß gewesen, sagt der deutsche Innenminister, Thomas de Maizière (CDU) bei Illner. „Еs ist immer eine schwierige Entscheidung, nachdem bei der Polizei Hinweise auf einen vermutlichen Terror-Anschlag eingehen: Einerseits darf nichts passieren, zum anderen können wir uns nicht überall einschränken - dann haben wir kein Leben mehr.“ Der Innensenator von Bremen hätte damals richtig abgewogen und richtig entschieden. de Maizière ist bekannt für seine Rhetorik, seine charmante Stimme. Nie lässt er sich an diesem Abend angreifen, kehrt Erfolge heraus, gesteht auch Fehler ein und glänzt mit Zahlen und Details wie etwa wie viele Menschen in den Dschihad ziehen.
Der Grünen-Chef Cem Cem Özdemir kritisiert, dass die Polizei in Deutschland zu schlecht ausgestattet sei, um die Terror-Gefahr im Allgemeinen anzuwenden. Genau diesen Punkt zu vertiefen, wäre Aufgabe der Moderatorin gewesen, hätte aber wohl vom vollen Themenkatalog weggeführt. So serviert Özdemir den ersten Satz zum Sonntag an diesem Abend: Wir dürfen uns durch die Terrorgefahr nicht so sehr einschüchtern lassen, dass dadurch die Demokratie in unserem Land eingeschränkt wird – denn das wollten die Terroristen doch nur.
Die Worte des Imams werden in dieser Talkrunde die ruhigsten bleiben, aber sie sind pointiert, berichten aus seiner Arbeit als (konvertierter) muslimischer Seelsorger: Er übt Selbstkritik: etwa, dass die Muslime in Deutschland lange Zeit verschlafen hätten, zu kontrollieren, wer denn dort in ihren Moscheen überhaupt unterrichte. So würden Imame in die Religionsgemeinschaften gekommen, die eben nicht ausgebildet seien und eine radikale Sichtweite einbrächten.
Mehr Energie in die Lehrer-Ausbildung
So zieht sich die Diskussionsrunde geschmeidig dahin: Deutschland und der Westen dürfen nicht weiter mit Saudi-Arabien Geschäfte machen, solange die Ölscheichs den IS finanzieren. Das sei falsch, sagt Terrorismus-Experte Guido Steinberg: Saudi-Arabien bekämpfe den Terror in Syrien. Vor allem hänge Europa am saudi-arabischen Öltropf, da sei ein Kontaktaufbruch mit dem Land nicht von Vorteil.
Maybrit Illner holt altbekannte Fragen heraus: Was reizt junge Menschen, in den Krieg mit der IS zu ziehen? Die Experten, dieses Mal Lamya Kaddor, Religionslehrerin und Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes, geben bekannte Antworten: ungeliebt, ungebildet, diskriminiert, ohne Zukunftstraum – das seien die jungen Männer. Die meisten hätten gar nichts mit dem Islam am Hut. Da nickt auch der Imam. Die Runde vergleicht ein bisschen die Situation der Dschihadisten in Großbritannien und Österreich, gezankt hat sich bis dahin niemand.
Erhellend immer wieder einige verbale Einwürfe der islamischen Religionslehrerin: Einige ihrer Schüler seien auch in den Syrien-Krieg gezogen: Die seien immer hin- und hergerissen zwischen der Opfer- und der Täterrolle. Sie selbst nehmen sich als Opfer der Gesellschaft wahr, und die Gesellschaft, so denken sie, nimmt sie als Täter wahr. Steinberg untermauert Aussagen wie diese immer noch einmal wissenschaftlich betrachtend. Und dann geht es zum nächsten Thema: Das Land braucht mehr deutsche Islam-Religionslehrer, sind sich alle einig. Mehr Imame in die Gefängnisse – auch hier allgemeines Einverständnis. Und am Ende sagt der Innenminister das zweite Wort zum Sonntag: Dass es natürlich 4,5 Millionen Moslems in Deutschland gäbe und die Gefahr nur von einem ganz kleinen Teil ausgeht und das er dies betonen wolle. Dann der letzte Auftritt von Cem Özdemir: Еs gibt nicht DIE Muslime, so wie es nicht DIE Christen gibt! Da muss auch Maybrit Illner lachen: Das war das Wort zum Sonntag!・ Auf Wiedersehen!“