Mannheimer Ausstellung erinnert an Untergang Pompejis
Mannheim/dpa. - Das Mädchen reißt eine Hand in die Höhe, sein Mund ist weit aufgerissen vor Angst und Schmerz. Es ist der Augenblick des Todes. Das Mädchen starb beim Ausbruch des Vulkans Vesuv vor fast 2000 Jahren.
Ein Ausguss ihres Körperabdrucks ist nun bei einer Ausstellung der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim zu sehen. Sie erinnert an den Untergang der antiken Stadt Pompeji. Die rund 500 Leihgaben aus Pompeji werden von diesem Sonntag (28. November) an erstmals in Deutschland gezeigt.
Auf einer Fläche von rund 1000 Quadratmetern werden die Exponate aus älteren und neueren Grabungen ausgestellt, zum Teil zum ersten Mal überhaupt. Die Ausstellung rückt das Schicksal einzelner Menschen in den Mittelpunkt. Als vom Nachmittag des 24. August 79 n. Chr. an Glut- und Aschewolken über Pompeji niedergingen, gab es für mehr als 1000 der rund 20 000 Bewohner keinen Ausweg mehr. Auf der Flucht im Freien oder im Versteck unter der Treppe holte sie der Tod ein. Was sie hinterließen, waren Abdrücke in Lapilli- und Ascheschichten.
Gipsausgüsse dieser Abdrücke, so genannte calchi, zeigen die Opfer im Moment ihres qualvollen Erstickungstodes. Zusammengekauert, die Knie an den Körper gepresst und den Kopf in den Händen vergraben - so starb ein Mann. Ausgestreckt, leicht seitlich liegend und kaum einen Meter lang - so starb ein Kind.
Es ist ein grausamer Anblick, der die Vergangenheit in unmittelbare Nähe rückt. «Wir wollen nicht die Geschichte von Scherben erzählen, sondern die Geschichte von Menschen, die vor uns gelebt haben», sagt der leitende Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen, Alfried Wieczorek.
Vom Leben der Menschen aus Pompeji und Umgebung erzählt auch das, was sie im Sterben bei sich hatten: Schmuck, Münzen und religiöse Gegenstände. Das gibt Hinweise auf die soziale Stellung der Opfer. So suchten in einer Villa 74 Menschen Schutz, aber in zwei Gruppen getrennt. Bei einer entdeckten die Archäologen viele Gegenstände, bei der anderen dagegen nichts. Vermutlich habe es sich um Hausherren und Sklaven gehandelt, sagt die wissenschaftliche Redakteurin der Museen, Luisa Reiplich. «Auch im Tode blieben sie getrennt.»
Neben diesen Funden geben Wandmalereien, Mosaike und Skulpturen ein Bild von der Pracht des römisch-aristokratischen Lebens, das mit dem Ausbruch des Vesuvs unterging. Zudem zeigt die Ausstellung neue Ergebnisse vulkanologischer Untersuchungen. Zusammen mit den detaillierten Beschreibungen des Augenzeugen Plinius lässt sich der Ablauf des Vulkanausbruchs nachzeichnen. Er wird dem Publikum in Bildern präsentiert. Auszüge aus den Berichten des Plinius machen die Ereignisse noch anschaulicher. So schrieb Plinius: «Manche beteten um den Tod aus Angst vor dem Sterben.»
Die Ausstellung wurde in ähnlicher Form bereits in Neapel gezeigt. Einzige Station in Deutschland ist Mannheim. Dort ist sie bis zum 17. April 2005 zu sehen. Anschließend reist sie nach Chicago.