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Magdeburg Magdeburg: Bürger stimmen über Wiederaufbau der Ulrichskirche ab

Von Dörthe Hein 16.03.2011, 12:27

Magdeburg/dpa. - Dabei geht ein tiefer Riss durch die Bevölkerung. Die einen wollen die große Grünfläche im Stadtzentrum lassen, wie sie ist, lehnen die Kopie einer seit Jahrzehnten verschwundenen Kirche ab. Die anderen hoffen auf eine Bereicherung des Stadtbildes und einen touristischen Entwicklungsschub.

Der Verein Kuratorium Ulrichskirche mit Initiator Tobias Köppe hat sich zum Ziel gesetzt, die original wiederaufgebaute Kirche bis zum 31. Oktober 2017 weihen zu lassen - dann jährt sich Luthers Thesenanschlag in Wittenberg zum 500. Mal. Der Verein sieht die Ulrichskirche als einen wichtigen Ausgangspunkt für Martin Luthers reformatorische Ideen. Es soll eine City-Kirche ohne eigene Gemeinde entstehen. Anders als die Dresdner Frauenkirche ist die Ulrichskirche nicht im Zweiten Weltkrieg, sondern 1956 von einer «kommunistischen Sprengladung» - wie es Köppe nennt - zerstört worden.

Luther besuchte die Kirche als Schüler mehrfach. Die Reformationszeit wurde zur Blüte- und Glanzzeit der Kirche. Nach Angaben des Kuratoriums entsagte bereits am 6. Mai 1524 die Ulrichsgemeinde feierlich dem Papsttum und dem römischen Glauben. Von der Ulrichskirche aus wurde das Gedankengut des Reformators Luther mittels Streitschriften aus Druckerpressen über Deutschland, Europa und die ganze Welt verteilt.

Der Stadtrat begrüßte im Juni 2010 das Engagement des Kuratoriums, ohne öffentliche Mittel die Kirche wiederaufbauen zu wollen. Allein aus Spenden sollen die Baukosten von geschätzten 30 Millionen Euro gedeckt werden. Die Gegner haben mit einer Unterschriftenaktion den ersten Bürgerentscheid überhaupt in Magdeburg erzwungen.

Deshalb erhalten die Bürger der Stadt mit dem Stimmzettel für die Landtagswahl am Sonntag auch einen Bogen mit der Frage «Sind Sie gegen den Wiederaufbau der Ulrichskirche». Ein «Nein» kommt also der Zustimmung gleich. Um den Neuaufbau der Ulrichskirche zu verhindern, müssen rund 50 000 Magdeburger Wahlberechtigte ihr Kreuz bei «Ja» machen. Zugleich muss die Zahl der «Ja»-Stimmen größer sein als die Zahl der abgegebenen «Nein»-Stimmen.

Wie sehr das Thema die Menschen in der Elbestadt bewegt, merkt besonders die Lokalredaktion der «Magdeburger Volksstimme». Dort kommen seit Jahren stetig Leserbriefe zu diesem Thema an. Redaktionsleiter Rainer Schweingel kann sich an kein anderes Thema erinnern, das die Magdeburger über einen so langen Zeitraum so intensiv beschäftigt hat. Schweingel wertet die lebhafte Debatte positiv, sowohl Befürworter als auch die Gegner verfolgten hehre Ziele in Sachen Stadtentwicklung. Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) sagt: «Der Wiederaufbau der Ulrichskirche ist eine Frage, die die Magdeburger ins Herz trifft - nicht nur emotional. Denn bei der Entscheidung geht es sozusagen um das Herz unserer Stadt.»