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Luise von Preußen war die «Königin der Herzen»

Von Wilfried Mommert 03.03.2010, 12:57

Berlin/dpa. - Mit Königin Luise gab es in Preußen schon vor 200 Jahren eine «Königin der Herzen», die zu Lebzeiten verklärt wurde und deren Nachruhm bis heute ungebrochen ist.

«Miss Preußen» war wohl neben Friedrich dem Großen Preußens populärste Herrschergestalt. «Alle Herzen flogen ihr entgegen, und ihre Anmut und Herzensgüte ließen keinen unbeglückt», schrieb der Dichter Friedrich de la Motte Fouqué.

War Luise, die mit 21 Jahren Königin wurde und 1810 mit erst 34 Jahren starb und somit der Nachwelt in ihrem jungen Erscheinungsbild in Erinnerung geblieben ist, eine Art «Lady Diana des frühen 19. Jahrhunderts»? Die kollektive Trauer, die nach Luises Tod einsetzte, ist wohl vergleichbar mit der Trauer um die 1997 in jungen Jahren ums Leben gekommenen Prinzessin von Wales.

Für den britischen Historiker Christopher Clark, Verfasser eines Standardwerks über Aufstieg und Niedergang Preußens, war die in Hannover geborene Luise Auguste Wilhelmine Amalie von Mecklenburg- Strelitz immerhin «eine in der Geschichte der Dynastie beispiellose Figur, eine weibliche Berühmtheit, die in den Augen der Öffentlichkeit Tugend, Bescheidenheit und souveräne Grazie mit Liebenswürdigkeit und äußerer Anziehung vereinte».

Auch ihr Familienleben galt als glücklich - ungewöhnlich genug, galten harmonische Verbindungen im preußischen Herrscherhaus wie wohl bei fast allen Dynastien, als «überaus selten», wie es auf der Internetseite des Hauses Hohenzollern heißt.

Luise war aber noch mehr. Sie war Hoffnungsträgerin in Preußens schweren Zeiten. An der Seite ihres wenig entscheidungsfreudigen Ehemannes und Königs Friedrich Wilhelm III. nahm die warmherzige Mutter von zehn Kindern (darunter von zwei späteren Königen und mit Wilhelm I. auch eines deutschen Kaisers und Siegers im Frankreich- Feldzug) eine Schlüsselstellung im Kampf gegen Napoleons Besatzung ein.

«Urheberin aller Übel»

Der französische Herrscher hatte Luises Einfluss erkannt, verspottete sie als «Amazone» oder prangerte sie als Armida an, «die im Wahnsinn Feuer an den eigenen Palast legt». Napoleon sah in der preußischen Königin «eine Frau mit hübschem Gesicht, aber wenig Geist», unfähig, die Folgen ihrer Handlungen abzuschätzen und vor allem «Urheberin aller Übel» (geistreich war die wenig gebildete Luise übrigens in der Tat nicht gerade).

Die Abneigung war gegenseitig. Die Königin wollte «lieber in die Hände Gottes fallen» als «diesem Menschen» ausgeliefert zu sein - und musste dennoch 1807 den Gang nach Tilsit antreten, um dem bis dahin siegreichen französischen «Imperator» und Heerführer halbwegs erträgliche Friedensbedingungen für das an der Seite Russlands kämpfende und besiegte Preußen auszuhandeln - vergeblich. Schon wenige Jahre nach diesem historischen Treffen wendete sich allerdings das Blatt gegen den von seiner scheinbaren Allmacht berauschten Kaiser der Franzosen.

Für ihre damalige Popularität und ihren späteren Nachruhm sollte das Treffen von Tilsit von entscheidender Bedeutung werden. Luise nahm als «Schutzgeist deutscher Sache» und stellvertretend für Preußen die Erniedrigungen auf sich. Wenige Jahre später, am 19. Juli 1810, starb Luise auf Hohenzieritz an «gebrochenem Herzen», so wollte es schließlich die Legende. Ihr zarter Körper sei dem «verzehrenden Kummer erlegen».

Der preußische Marschall Blücher soll nach der vernichtenden Niederlage Napoleons bei Waterloo 1815 gesagt haben: «Jetzt endlich ist Luise gerächt!». Der Schriftsteller und kritische Preußen-Kenner Theodor Fontane (1819-1898) hielt das mit dem «gebrochenen Herzen» für Unsinn und prangerte das Phrasenhafte in den Luise-Huldigungen an.

Weniger beachtet wurde bei dem verklärten Bild die politische Rolle Luises bei den Reformen des preußischen Staates, die von der Königin unterstützt und von Männern wie Hardenberg und Stein vorangetrieben wurden. Zwar war das Verhältnis zwischen Stein und der Königin nicht spannungsfrei. Aber Luise erkannte, dass «eine andere Ordnung der Dinge» kommen müsse, «da die alte sich überlebt hat» und Preußen sich «auf den Lorbeeren Friedrichs des Großen» nur ausgeruht habe, ähnlich wie es Fontane Dubslav von Stechlin in seinem Schwanengesang auf das alte Preußen sagen lässt: «Das Alte, soweit es Anspruch darauf hat, sollen wir in Ehren halten, für das Neue aber sollen wir recht eigentlich leben», heißt es in Fontanes Alterswerk «Der Stechlin».

Königin Luise wird bis heute in Ehren gehalten. Ihre letzte Ruhe fand sie im Schlosspark Charlottenburg in Berlin in einem Mausoleum, das Heinrich Genz unter Mitarbeit Karl Friedrich Schinkels nach Entwürfen Friedrich Wilhelm III. schuf. Straßen, Plätze, Kirchen und Institutionen wie Kindergärten und sogar Restaurants und Apotheken tragen Luises Namen, eine Briefmarke der Bundespost von 1989 trug ihr Porträt. Auch gibt es eine «Königin-Luise-Route» für Touristen, die Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg von Neustrelitz, Hohenzieritz über Gransee, Oranienburg und Paretz (dem bescheidenen Lieblingsgut des Herrscherpaares) bis zur Berliner Pfaueninsel und Schloss Charlottenburg führt.

In Gransee erinnert ein Schinkel-Denkmal daran, dass hier der Leichenzug mit dem königlichen Sarg auf dem Weg nach Berlin über Nacht Station machte. Die wohl künstlerisch bedeutendste Erinnerung an Luise ist die 1795 vom Bildhauer Gottfried Schadow geschaffene «Prinzessinnengruppe» der Schwestern Luise und Friederike von Preußen. Das Original steht in der Berliner Nationalgalerie.

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