Lou Reed und Laurie Anderson in Frankfurt
Frankfurt/Main/dpa. - US-Sänger Lou Reed und seine Frau, die Performance-Künstlerin und Musikerin Laurie Anderson, haben in Deutschland erstmals gemeinsam ein Konzert gegeben.
Das Paar aus New York bot in Frankfurt bei seinem einzigen Auftritt in Deutschland vor allem eine Mischung aus gemeinsam interpretierten Reed-Songs, typischem Anderson-Sprechgesang und avantgardistischen Klang- Collagen. Musikalisch unterstützt wurden sie am Mittwochabend nur von Sarth Calhoun, einem Elektro-Musiker, der schon früher mit Reed - etwa im Metal Machine Trio - zusammengearbeitet hat.
Die etwa 2200 Zuschauer in der ausverkauften Jahrhunderthalle quittierten die knapp zweistündige, fast intime Bühnenshow mit dem Titel «The Yellow Pony and other Songs and Stories» (Das Gelbe Pony und andere Lieder und Geschichten) mit starkem Applaus.
Mit Reeds elektronischem Instrumental-Stück «Dorita» (vom Album «Magic and Loss»/1992) eröffneten der Gitarrist und die Geigerin das Programm - ohne Begrüßung oder Vorgruppe. Das Zugeständnis an den Spielort: Anderson trug ihr bissig-lakonisches Gedicht «Progress» (Fortschritt) auf Deutsch vor. «Hänsel und Gretel sind noch am Leben und es geht ihnen gut», beginnt das Stück, das als zweites von insgesamt 14 auf dem Programm stand.
Dass es dem Songschreiber und der Performance-Künstlerin neben der Musik auch um die oft ironischen und melancholischen Texte ihrer Stücke geht, die häufig von den Nöten amerikanischer Großstädter erzählen, zeigt sich in dem Programmheft zur Show, das auf allen Plätzen der komplett mit Stühlen ausgestatteten Halle lag. Darin fanden sich - eng auf sechs Seiten gedruckt - die Texte der vorgetragenen Stücke und Songs, bis auf die zweite Zugabe.
Lou Reed, der zu den Gründungsmitgliedern der von Andy Warhol inspirierten Band The Velvet Underground gehört und zahlreiche Solo- Alben veröffentlicht hat, spielte einige seiner bekannten Stücke wie «Pale Blue Eyes», «Rome Had Juliette» und «Halloween Parade» - zwar mit kraftvoller Stimme und starken Bässen aber deutlich weniger rockig als ursprünglich - und unterstützt von Anderson. Auf eine Bühnenshow verzichtete das Paar, nur ein paar bunte Scheinwerfer und Schwarzlicht tauchten die Bühne in unterschiedliches Licht.
Anderson (62), die als Erfinderin des «Viophonographen» gilt - eines Instruments, bei dem der Geigenbogen über eine aufmontierte Schallplatte gestrichen und der Ton elektrisch verstärkt wird - stand auf der einen Seite der Bühne, am Keyboard. Dies spielte sie im Wechsel mit der Geige, dazwischen Gesang und Sprachgesang - mit Anmut, Wärme und Sinnlichkeit oder männlich verfremdet vorgetragen, manchmal unterstützt durch Gestikulieren. Dabei hielt die Musikerin immer wieder Blickkontakt zu Reed, der ihr gegenüber auf der anderen Seite der Bühne saß - Calhoun stand zwischen beiden in der Mitte.
Der 67 Jahre alte Reed erhob sich erst zum Schlussapplaus von seinem Sitz. Wenn er für das nächste Stück die Gitarre wechseln wollte, wurde sie ihm gebracht. Bei der von ihm vorgetragenen düster- anspruchsvollen Klang-Collage «Junior Dad» verließen einige Zuschauer vorzeitig den Saal. Viel Applaus gab es am Ende - vor allem für die letzte der beiden Zugaben, als Reed und Anderson gemeinsam den Velvet-Underground-Liebes-Song «I'll Be Your Mirror» sangen.