1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Literatur: Literatur: Vor 70 Jahren wurde Uwe Johnson geboren

Literatur Literatur: Vor 70 Jahren wurde Uwe Johnson geboren

Von Birgit Voelsch 19.07.2004, 05:37
Uwe Johnson wurde am 20.7.1934 in Cammin (Pommern) geboren und starb im Alter von nur 49 Jahren am 23.2.1984 in Sheerness-on-Sea auf der Themse-Insel Sheppey in Großritannien. (Foto: dpa)
Uwe Johnson wurde am 20.7.1934 in Cammin (Pommern) geboren und starb im Alter von nur 49 Jahren am 23.2.1984 in Sheerness-on-Sea auf der Themse-Insel Sheppey in Großritannien. (Foto: dpa) dpa

Wieck/dpa. - Das Fischland sei das schönste Land der Welt, lässtder «Erzähler der beiden Deutschland», Uwe Johnson, die HauptfigurGesine Cresspahl in seinem Hauptwerk «Jahrestage» schwärmen. Unddachte wohl selbst so, da er viele Sommerurlaube in Ahrenshoop aufdem schmalen Streifen Land zwischen Mecklenburger Bucht und SaalerBodden verbrachte. Für Literaturinteressierte auf dermecklenburgischen Halbinsel Fischland-Darß ist Johnsons Lob in diesemJahr Anlass, den Autor mit einer Festwoche rund um dessen 70.Geburtstag an diesem Dienstag (20. Juli) zu feiern.

Auch an anderen Lebensorten des deutsch-deutschen Schriftstellers,so in Anklam, Güstrow und Berlin, gedenkt man Johnsons, der 1984 inEngland starb. Das Berliner Brecht-Haus hat eine Literaturwoche vom26. bis 30. Juli mit Lesungen, Filmen und Diskussionen vorbereitet,unter anderem über die Frage, ob Johnson «der typische, eventuellsogar der am meisten typische DDR-Autor» war.

Johnson wurde 1934 im pommerschen Cammin, das heute in Polenliegt, geboren. 1945 ging seine Familie Richtung Westen, er wuchs inAnklam und Güstrow auf, wo er das Abitur machte. Anschließendstudierte er in Rostock und Leipzig Germanistik. Bereits mit 22Jahren vollendete er seinen ersten Roman, «Ingrid Babendererde», indem er die Schulzeit einer Abiturklasse von 1953 «in einer Kleinstadtim südöstlichen Mecklenburg» schildert - leicht ist darin Güstrow zuerkennen.

Auch verarbeitete er eine Auseinandersetzung der Freien DeutschenJugend mit der christlichen «Jungen Gemeinde», die ihn 1954 aus derDDR-Jugendorganisation austreten ließ. 1959 siedelte Johnson nachWest-Berlin über, 1966 bis 1968 arbeitete er als Schulbuchlektor inNew York. 1974 zog der Schriftsteller nach Sheerness-on-Sea auf derThemse-Insel Sheppey in England, wo er 1984 an Herzversagen starb.

In Wieck auf dem Darß organisiert die Darßer Arche mit derHeinrich Böll Stiftung die Festwoche vom 17. bis 25. Juli. DasNationalpark- und Gästezentrum befasse sich hauptsächlich mitUmweltbildung, sagt Seminar- und Tagungsleiter Christoph Lampert. Dashochkarätig besetzte literarische Programm sei Neuland. Geplant seienPodiumsdiskussionen, Lesungen, unter anderem von Johnson-MitstreiterJürgen Becker, Johnson-Forscher Norbert Mecklenburg (Köln) undSteffen Mensching (Berlin), Vorträge und eine Fotoausstellung.

Die Mecklenburgische Literaturgesellschaft mit Sitz inNeubrandenburg lädt im Johnson-Jubiläumsjahr zu literarischenSpaziergängen an Orte ein, die Johnson beschrieb. Sie liegen außerauf dem Darß auch in Güstrow, wo er die John-Brinkmann-Oberschulebesuchte, und in der nordwestmecklenburgischen Kleinstadt Klütz, diedas Vorbild für Johnsons fiktives Jericho aus den «Jahrestagen» ist,sagt Sylvia Neu von der Literaturgesellschaft. Wiederzuerkennen seiunter anderem der Speicher, der zum Uwe-Johnson-Haus werden soll.

Mit diesem Projekt will das Amt Klützer Winkel in diesem Jahrbeginnen. Für das Literaturhaus zur Aufarbeitung des Erbes und derWerke Johnsons seien eine Million Euro veranschlagt, hieß es, 600 000davon vom Bund. Nach einem bis eineinhalb Jahren Bauzeit soll dasHaus in Betrieb gehen - um wenigstens ein Jahr verspätet, da dieFördermittelzusagen schleppender eingingen als gedacht. DieLiteraturwissenschaftlerin Anja-Franziska Scharsich, die in diesemJahr erstmals den Klützer Literatursommer in Anlehnung an JohnsonsWerk organisierte, hatte ursprünglich die Eröffnung des Hauses indiesem Herbst als Abschluss der Literaturreihe eingeplant.

Auch in Neubrandenburg und Anklam wird erst im Herbst des großenmecklenburgischen Autors gedacht. Am 25. September beginnen dietraditionellen Uwe-Johnson-Tage zum Thema «Johnson und die Medien»mit dem Johnson-Preisträger 2003, dem Österreicher Norbert Gstrein.Der Preis der Literaturgesellschaft und der Zeitung «Nordkurier» wirdalle zwei Jahre vergeben. Wie Sylvia Neu weiter ankündigt, liest inAnklam die Schauspielerin Jutta Wachowiak aus Johnsons «Jahrestagen»,zum Abschluss am 2. Oktober wird Günter Grass erwartet.