Literatur Literatur: Orhan Pamuk erhält Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Frankfurt/Main/dpa. - Die mit 25 000 Euro dotierte Auszeichnung, eine derrenommiertesten in Deutschland, wird Pamuk am 23. Oktober zumAbschluss der Frankfurter Buchmesse in der Paulskirche verliehen.
«Mit Orhan Pamuk wird ein Schriftsteller geehrt, der wie keinanderer Dichter unserer Zeit den historischen Spuren des Westens imOsten und des Ostens im Westen nachgeht», begründete der Stiftungsratseine Wahl. Pamuk sei einem Begriff von Kultur verpflichtet, «derganz auf Wissen und Respekt vor dem anderen gründet». Er habe einWerk geschaffen, «in dem Europa und die muslimische Türkeizusammenfinden». Zugleich trete Pamuk immer wieder für Menschen- undMinderheitenrechte ein und beziehe Stellung zu den politischenProblemen seines Landes.
Der in Istanbul lebende Pamuk, der Architektur und Journalismusstudierte, kommt aus einer großbürgerlichen Familie. Er wurde mitRomanen wie «Die weiße Festung», «Rot ist mein Name» und zuletzt«Schnee» bekannt. Seine vielfach ausgezeichneten Bücher, die in 34Sprachen übersetzt wurden, werden in der Türkei vor allem von derjüngeren Generation gelesen. Von der «New York Times» wurde «Schnee»als das beste ausländische Buch 2004 gefeiert. Seit Pamuk Anfangdieses Jahres behauptet hat, in der Türkei seien 30 000 Kurden undeine Million Armenier umgebracht worden, sieht er sich Anfeindungennationalistisch gesinnter Türken ausgesetzt.
Der Direktor des Essener Zentrums für Türkeistudien, Faruk Sen,wertete die Auszeichnung für Pamuk als «hervorragende Entscheidung».«Das kann Wellen schlagen», sagte Sen. Es sei wichtig, dass eskritische Schriftsteller in der Türkei gebe. Auch für das Land seider Preis eine Anerkennung. Auch der Kölner Autor und Publizist RalphGiordano sprach von einer ausgezeichneten Wahl. Pamuk habe öffentlichein Bekenntnis gegen die «türkische Lebenslüge» abgegeben, sagteGiordano, der einst eine Dokumentation zum Völkermord an derarmenischen Bevölkerung im Jahr 1915/16 produzierte.
«Voller Freude, aber auch mit etwas gemischten Gefühlen» reagiertePamuks Lektorin beim Münchner Hanser Verlag, Anna Leube, auf dieNachricht vom Friedenspreis. Nach den Anfeindungen gegen Pamuk in derTürkei «bange ich ein bisschen, weil Pamuk durch den Preis noch mehrin den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten wird.»
Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels gehört zu denbedeutendsten Auszeichnungen in Deutschland. Seit 1950 werden mit demPreis Persönlichkeiten aus dem In- oder Ausland geehrt, die auf denGebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung desFriedensgedankens beigetragen. Im vergangenen Jahr wurde derungarische Schriftsteller Péter Esterházy ausgezeichnet, 2003 dieamerikanische Intellektuelle Susan Sontag. Das Preisgeld wurde indiesem Jahr von 15 000 auf 25 000 Euro erhöht.