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Literatur Literatur: Franz Kafka bleibt ein Rätsel

25.06.2008, 07:21
Das Grab der Familie von Franz Kafka auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Prag. (Foto: dpa)
Das Grab der Familie von Franz Kafka auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Prag. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/Berlin/dpa. - Der Rätselcharakter und das Fantastischefaszinieren Schüler an den Werken Franz Kafkas. In einem Gespräch mitder Deutschen Presse-Agentur dpa zum 125. Geburtstag Kafkas (am3.Juli) sagte die Vorsitzende des Fachverbandes Deutsch im DeutschenGermanistenverband, Gisela Beste: «Die Fabeln oder Kurzgeschichten,die oft in den Oberstufen gelesen werden, erfordern wie alle anderenWerke Kafkas auch eine sehr genaue und geduldige Lektüre.» Schülerfänden es oft sehr spannend, die Rätsel zu knacken - auch wenn dasmeist gar nicht möglich sei. «Aber auch das macht den Reiz FranzKafkas aus.»

Sehr beliebt sei der «Brief an den Vater». «Diese Ohnmachts-/Machtbeziehung zwischen Franz Kafka und seinem Vater finden sehrviele Schüler interessant», erzählt Beste, die 15 Jahre alsDeutschlehrerin arbeitete und nun als Referentin am Landesinstitutfür Schule und Medien Berlin-Brandenburg unter anderem für dieLehrpläne Deutsch zuständig ist. Das vermeintlich Autobiografischesei ein Aspekt, mit dem man die Schüler begeistern könne. «DieZerrissenheit Kafkas - tagsüber braver Versicherungsangestellter undnachts Autor - ist außerdem für viele anziehend. Und die «radikaleSubjektivität» Kafkas in seinen literarischen Werken bewundertenviele Jugendliche. Hinzu komme ganz einfach der Reiz der Spannung vonRealem und Irrealem in seinen Geschichten.

«Mit Kafka sollen die Schüler sehr genaues Lesen lernen, denn nurso sind die Texte zu verstehen», erklärt Beste. Auf den ersten Blickwirkten die Geschichten oft einfach. «Doch nach und nach stellt manfest, dass man sie eigentlich nie komplett versteht und man vielspekulieren kann.» Dabei seien die Effekte weniger auf einedifferenzierte Lexik (Wortschatz) zurückzuführen, als vielmehr aufdie Syntax (Wortfügung), die unterschiedliche Wirklichkeitsebenenverschränke und so den Rätselcharakter hervorbringe.

Häufig behandelten Deutschlehrer in der elften Klasse, inAusnahmefällen auch schon mal früher, Kafka. «Es sind dann meist dieFabeln oder Parabeln wie "Auf der Galerie", "Vor dem Gesetz" oder"Kleine Fabel"», erklärt Beste. Alles andere wie etwa der Roman "DasSchloss" sei zu komplex und umfangreich. Gerne werde von vielenDeutschlehrern aber auch der durchaus anspruchsvolle Roman "DerProzess (1925)" mit den Schülern gelesen. «In Baden-Württemberg ister sogar Pflichtlektüre für das Abitur in 2008 und 2009.»