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Literatur Literatur: DDR-Kinderbücher schaffen Sprung in den Westen nicht

Von Roland Böhm 10.02.2007, 14:41

Jena/dpa. - «Im Laufe der Zeit werden dieBücher verschwinden», sagte Köster in einem dpa-Gespräch. Bücher wie«Pony Pedro», «Alfons Zitterbacke» oder «Der brave Schüler Ottokar»hätten nicht das gewisse Etwas, um von Kindern geliebt zu werden wie«Pippi Langstrumpf» oder «Die kleine Hexe». Im Westen schafften siees nicht ins Sortiment der Bücherläden, und im Osten würden sie vonden Eltern nur noch aus Nostalgie gekauft und weitergegeben. «DieBücher leben nicht aus sich selbst heraus. Sie sind zu betulich.»

«Pippi ist aufmüpfig. Pippi stellt alles in Frage. Sie kritisiertja sogar Lehrer. Das ist echter Nonkonformismus», sagte Köster.Solche Figuren habe die DDR nicht haben wollen. Die Kinderliteraturim Osten sei «stromlinienförmig» und eng gewesen, Systemkritik seinirgendwo aufgetaucht. Höchstens sehr vorsichtig wie bei der«Ottokar»-Reihe von Otto Häuser (Ottokar Domma). «Die wurde dann aberauch nicht in der Schule gelesen.» Jede Weltläufigkeit sei in der DDRauch in der vom Staat ausgewählten Kinderliteratur unterdrücktworden. «Die Kinder hätten ja auf die Idee kommen können, nachAustralien reisen zu wollen», sagte Köster.

Nach der Wende hätten die Klassiker von Astrid LiNdgren («Pippi»,«Kalle Blomquist»), Erich Kästner («Das doppelte Lottchen», «Emil unddie Detektive») oder Ottfried Preußler («Die kleine Hexe», «RäuberHotzenplotz») schnell Bücherläden im Osten erobert, sagte Köster. Dieklassischen Ost-Titel wie «Karlchen Duckdich» (Alfred Wellm), «DasWildpferd unterm Kachelofen» (Christoph Hein) oder «Die Reise nachSundevit» (Benno Pludra) hätten es aber bis heute nicht in den West-Handel geschafft. «Sie wurden nicht angeboten, aber auch nichtnachgefragt. Das hat vielleicht aus etwas mit Desinteresse an derGeschichte der neuen Länder zu tun.» Da es im Ost-Buchhandel beidesgebe, sei dieser «in gewisser Weise reicher». Bei Veröffentlichungennach der Wende wie Büchern von Cornelia Funke («Drachenreiter»,«Tintenherz»), gebe es in Ost und West keine Unterschiede mehr.

Kinderliteratur werde immer von Generation zu Generationweitergegeben. «Eltern und Großeltern wollen, dass ihre Kinder oderEnkel das lesen, woran sie auch Spaß hatten.» In gewisser Weiseschaffe die Literatur so auch immer eine Verständigung unter denGenerationen. Gerade im Osten werde stark an etwas Verbindendemfestgehalten. Insofern sei es logisch, dass die Eltern im Osten nochdie zum Teil neu aufgelegten Kinderbücher aus DDR-Zeiten kauften.«Wenn das auf diese Weise auch noch dem Selbstbewusstsein derMenschen dient, ist das nicht zu kritisieren.»