Lisa Stansfield Lisa Stansfield: Ein Lächeln an der Bar
Magdeburg/MZ. - Das war schon so, als sich die damals 23-Jährige aufmachte, um mit Schönheitsfleck auf der Wange und einer messerscharf in die Stirn gezogenen Locke die Welt zu erobern. Ihr Debüt "Affection" erschien im Jahr 1989 gerade rechtzeitig, um mit Hits wie "All around the world" und "This is the right time" hierzulande in den Soundtrack der Wende aufgenommen zu werden. Auch bei diesem Bar-Konzert im Magdeburger Maritim-Hotel, das der Radiosender SAW für einige glückliche Hörer und als Promotion zum neuen Album "The Moment" veranstaltet, werden abgegriffene Booklets aus verschrammten Hüllen gezogen: "Ein Autogramm, bitte!"
Lisa schreibt, spricht - und singt, um ihr erstes Werk nach vier Jahren und einem Plattenfirmen-Wechsel in optimale Startposition zu hieven. Dass sich dabei doch einiges geändert haben mag, belegt ihre aktuelle Single "Treat me like a woman". Mit 38 Jahren fordert die Soul-Diva den gebührenden Respekt ein, den sie sich auch durch
ihr politisches Engagement gegen den ersten Golfkrieg oder für die Aids-Hilfe längst verdient hat. Dass sie gleichwohl auf einer Rock'n' Roll-Biografie besteht, zeigt sich bei der Frage nach ihren Hobbies:
"Früher habe ich gern gemalt, wenn ich betrunken war. Jetzt trinke ich weniger - und überlege, ob ich nicht mal ausprobiere, wie meine Bilder nüchtern aussehen." Ein kehliges, sattes Lachen folgt auf diesen kokett kalkulierten Scherz - und ein Zug an der Zigarette. Dieses Laster will die Frau, die rund 20 Millionen Platten verkauft hat, "irgendwann, vielleicht" aus kosmetischen Gründen auch noch aufgeben. Ihrer Stimme aber scheint das Rauchen nicht zu schaden.
Wie sie klingen kann, hört man danach eindringlich. Zwar hat sie neben Haarstylist und Make-Up-Artist nur einen Tonträger im Gepäck, der die Instrumental-Parts vereint. Doch wie frei sie sich beim Tanz mit dem Mikrofonständer im Korsett dieses Playbacks bewegt, ist absolut beeindruckend. Die berühmten, innig schluchzenden Vokal-Linien von "All around the World" und die lakonischen Töne ihrer neuen Single zeigen schnell, dass die plüschige Piano-Bar für diese Künstlerin eigentlich viel zu klein - oder ihre Stimme für diesen intimen Ort viel zu groß ist. Und wie lange Lisa Stansfield schon im Geschäft ist, sieht man an jenem Fan der ersten Stunde, der selbstvergessen vor der Bühne tanzt.
Eine gute Cocktail-Länge dauert der Auftritt an diesem Abend. Dann ist noch Zeit für eine Fan-Audienz in der Präsidenten-Suite, bevor Lisa Stansfield wieder in der Magdeburger Winternacht verschwindet. Und während man selbst durch den Schnee stapft, summt man noch einmal die letzten Akkorde ihres Konzerts: "It takes a woman to know". Man muss erwachsen werden, um das zu verstehen.
Lisa Stansfield: "The Moment"; Edel Records