Lieder ohne Last Lieder ohne Last: Die Erfolgsband Silbermond speckt ein klein wenig ab

Das Eis ist dünn / du gehst aufs Eis“, singt Stefanie Kloß am Anfang in einem Lied, das „Die Mutigen“ heißt. Drei Jahre nach „Himmel auf“, dem letzten Album der Bautzener Band Silbermond, kann diese Zeile auch ein wenig selbstbezüglich gedeutet werden.
Seit ihrem Start im Jahr 2004 haben Stefanie Kloß, Bassist Johannes Stolle, Gitarrist Thomas Stolle und Schlagzeuger Andreas Nowak noch nie eine so lange Pause gemacht wie zuletzt. Und noch nie hat sich die musikalische Welt währenddessen so eilig weitergedreht. Die große Welle der deutschen Bands mit den niedlichen Sängerinnen, die Silbermond mit den Kollegen von Wir sind Helden und Juli gegründet hatten, ist vorbei. Der Publikumsgeschmack unbestimmt. Was also noch singen? Und worüber überhaupt?
Coldplay lassen grüßen
Das Quartett aus der Lausitz, das für den Erfolg einst medienwirksam vor neugierigen Soap-Kameras nach Berlin umgezogen war, hat sich für eine Radikalkur entschieden, zumindest verbal. Nicht der orchestrale Pop mit Streichern und Studiofinessen soll es diesmal sein, sondern „Leichtes Gepäck“ (Plattentitel) wie in eben jenem Eröffnungsstück „Die Mutigen“. Ein bisschen leise gezupfte Gitarre, Kloß’ exaltierter Gesang zwischen Säuseln und gefühlsbetont Wegkippen. Etwas Echo auf die Stimme. Und das war es schon.
Für den Moment. Doch Silbermond meinen mit leichtem Gepäck eben doch den einen oder anderen Koffer. Das hier ist kein Unplugged-Album, sondern immer noch Popmusik der Spitzenklasse. „Eines Tages fällt dir auf / dass du 99 Prozent nicht brauchst“, schluchzt Kloß im Stil der frühen Nena, „du nimmst allen Ballast / und schmeißt ihn weg / denn es reist sich besser / mit leichtem Gepäck“. Nun die Gitarren, Schlagzeug, ein Chor. Coldplay lassen grüßen. Kuschelrock mit Küchenlatein und Uhuhuhu-Gesang.
Und dann? Wer weiß?
Ein Ohrwurm, und nicht der einzige hier. Luftig wie in „Langsam“ und verhuscht wie in „Heut hab ich Zeit“ transportiert Stefanie Kloß ihre Trennungs- und Erwachsenwerd-Geschichten, meist in Moll gehaltenen Erzählungen von Enttäuschungen, Trennungen und erlebtem Leid. Die jugendliche Euphorie von „Durch die Nacht“ und „Symphonie“ sind fort, eine gewisse Schwermut hängt selbst über „Indigo“, einem der flotteren, zackigeren Songs der Kollektion.
Silbermond 2015 sind hier häufig auf einer Reise zurück. „Was würde ich dafür geben / das alles noch mal neu zu erleben“, heißt es. Die Band, die schon mit 20 Lieder für junge Mütter und Väter geschrieben hat, ist mit 30 beim vergrübelten Weltschmerz der Latte-Macchiato-Generation angekommen.
Das Leben stimmt, alles ist soweit okay. Nur schleicht sich langsam die Enttäuschung an, dass das nun schon alles gewesen sein könnte. Und dann? Wer weiß? Silbermond protokolliert nur. Auf der „B 96“ (Liedtitel) hängt die „Hoffnung still am Gartenzaun“, „wir drehen uns langsam gegen Uhr und Zeit“, denn „die Welt holt dich schnell genug ein“.
Direkt zur Band:www.silbermond.de
