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Leipzig Leipzig: Herbert Grönemeyer schwelgt in alten Liedern

Von STEFFEN KÖNAU 12.11.2012, 07:33

Leipzig/MZ. - Für gewöhnlich stände er jetzt fünf Kilometer weiter südlich auf einer zehnmal so großen Bühne. Aber Herbert Grönemeyer, Deutschlands erfolgreichster Popstar, probiert auch mit 56 Jahren immer mal gern etwas Neues. Und so führt denn die diesjährige Herbst-Tournee des Verkaufsmillionärs nicht durch Stadien und Arenen. Sondern in die klitzekleinen Hallen und Klubs, in denen sonst Stars der zweiten Liga gastieren.

Grönemeyer füllt das Haus Auensee in Leipzig, am Sonntagabend siebte Station seine „Blick zurück – 30 Jahre: Halbzeit“-Tour vom ersten Ton an mit seiner unglaublichen Bühnenpräsenz. Dazu braucht der Mann aus Clausthal-Zellerfeld nicht einmal seine großen Hits bemühen: Das Publikum hier besteht aus den Treuesten der Treuen, 2 500 Menschen, die glücklich sind, überhaupt eines der Tickets zum intimen Stelldichein mit ihrem Idol ergattert zu haben. „Die 300 Härtesten standen morgens um sieben vor der Halle“, staunt der hallesche Konzertveranstalter Matthias Winkler, der Grönemeyer zum einzigen Ost-Konzert nach Leipzig geholt hatte.

Abends kurz nach acht kommt er dann, sieht und heizt ein. Superstar Herbert Grönemeyer gönnt sich und den Fans ein außergewöhnliches Konzerterlebnis. Denn aus der Nähe wird der Über-Herbert von der Open-Air-Arena zum fröhlichen Gastgeber einer Show, die ganz auf die Musik fokussiert ist. Keine Leinwände, keine Spezialeffekte, keine Laufstege, nur Herbert pur, inmitten einer Wohnzimmerlandschaft mit 50er-Jahre-Stehlampen, die wie gemalt in das frisch sanierte Auensee passt, wie auch Grönemeyer findet, der vom Ambiente begeistert ist. Heute dürfen Bassist Norbert Hamm, Schlagzeuger Armin Rühl, Keyboarder Alfred Kritzer und die Gitarristen Jakob Hansonis und Stephan Zobeley spielen, was sonst nicht auf dem Programm steht. Ein Lied wie „Total egal“ etwa, das der junge Grönemeyer einst in Berlin vor 16 Zuschauern aufführte. „Aber wir haben trotzdem vier Zugaben gegeben“, amüsiert er sich heute noch.

Denn inzwischen ist alles anders. Aus dem jungen Schauspieler ist ein Rock-Entertainer geworden, der nicht nur knödelnd singt und linkisch tanzt, sondern auch hochgradig ansteckend wirkt. Klar, es sind die geheimen Hits jenseits von „Bochum“ und „Männer“, die den wahren Fan in Verzückung geraten lassen. „Ich dreh’ mich um dich“ singt Grönemeyer, dann „Komet“ von 1988 und „Kaufen“ von 1983. „Damals“, sagt er, „habe ich ein halbes Jahr in Leipzig gewohnt.“ Immer noch sei es ihm deshalb eine besondere Freude, „hierher zurückzukehren“. Das feiern sie, die Fans, die aus ganz Ostdeutschland angereist sind. Bei „Diamant“, das den Auftakt zu einer Art Akustikblock bildet, steht die kleine Halle Kopf, alles singt, und hört nun auch nicht mehr auf. Große Hymnen, große Gefühle, von Grönemeyer abwechselnd Keyboard spielend oder wild über die Bühne wieselnd beschworen. „Verführe mich, gnadenlos, gönn’ mir keinen Aufschub, gewähr’ mir keinen Trost“, hat er zu Beginn gesungen: „Lass es einfach um mich geschehen.“ Genauso wird es dann auch gemacht, bis tief in die Nacht.