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Kunstverein Talstraße Kunstverein Talstraße: Ausstellung mit Bildern von Eva Mahn in Halle

Von andreas montag 05.07.2012, 20:53

Halle (Saale)/MZ. - Wer Eva Mahn ist, muss man nicht erklären. Sie ist eine wunderbare Künstlerin und weit über die Grenzen der mitteldeutschen Region bekannt, in der sie ihre Wurzeln und ihre Heimat hat. Wenn die in Aschersleben geborene Fotografin vom Jahrgang 1947, die seit fast vier Jahrzehnten in Halle lebt, ihre Ausstellung im halleschen Kunstverein Talstraße "Halle und der Rest der Welt" nennt, so ist dies durchaus doppeldeutig: Der Titel drückt einerseits das Selbstbewusstsein und den ruppigen Charme der Hallenser aus - und ironisiert diese Eigenschaften zugleich. Allerdings auf liebenswürdige, keinesfalls aber bösartige Weise.

Härte gehört nicht zum Repertoire von Eva Mahn, Genauigkeit wohl. Und fotografische Meisterschaft. Gelernt hat sie den Beruf gewissermaßen zu beiden Seiten der Kamera: Als Schülerin und Assistentin des Leipziger Mode- und Aktfotografen Günther Rössler. Und als Modell. Das schult auch den Respekt vor den Menschen, die zum Objekt der Darstellung werden. Und beides, Meisterschaft wie Respekt, zeichnen die Bilder der langjährigen Hochschullehrerin Eva Mahn aus - sowohl die freien, spielerisch inszenierten als auch die eher dokumentarischen, denen die hallesche Schau im Kunstverein Talstraße, die Freitagabend eröffnet wird, mit schwarz-weißen Fotos aus den Jahren von 1976 bis 1989 verpflichtet ist.

In beiden Genres, der Inszenierung wie der Zeitchronik, ist Eva Mahn zu Hause, wobei die Grenzen durchaus fließend sein können. Und oftmals sind die Porträtierten keine Unbekannten, sondern gehören im engeren oder weiteren Sinne in den künstlerischen Kontext der Fotografin. So hat das Abschiedsbild, das den Umzug des Schauspieles Bernd Stempel und seiner Familie im August 1989 aus einem Neubau in Halle nach Berlin dokumentiert, auch Züge einer Inszenierung.

Die kleine, eher schüchtern und auch ein bisschen wehmütig wirkende Gruppe erzählt viel über die Solidarität mit dieser Stadt, über das Gefühl des Zugehörigseins - das dem, der doch gute Gründe zum Fortgehen hat, beinahe ein schlechtes Gewissen macht. Was das Bild von Eva Mahn noch erzählt: Mit wieviel Wärme die Künstlerin auf ihre Sujets blickt.

Selbst in der Trauer gelingt ihr das: Ebenfalls im August 1989, als Bernd Stempel Halle verließ, hat Eva Mahn das Abrissgebiet in der Geistraße, Ecke Scharrenstraße fotografiert. Ein Bild, das über den berichteten Tatbestand hinaus, der seinerzeit viele Bürger, darunter zahlreiche Künstler, zutiefst empört und verbittert hat, auch eine geradzu symbolische Kraft besitzt. Zum Zeitpunkt der Aufnahme lag die DDR in Agonie, die Menschen hatten es satt, immer mehr versuchten zu fliehen und verweigerten dem Staat die Gefolgschaft.

Gegen diese wortlose Ansage des Zorns stehen frühere, fröhliche Bilder und bezeugen jene Gegenkultur, die Halle über Jahre auch geprägt hat. 1982 entstandene Fotografien von der "Petersbergralley", zu der der Maler und Szeneguru Wasja Götze geladen hatte, zeigen eine Lebensfreude, die von den Herren des Landes wohl zu kontrollieren, aber nicht zu steuern war. Und auch nicht zu verbieten.

Da stehen zwei lachende junge Frauen mit ihren Rädern vor dem schäbig aussehenden "Gasthaus zu Teicha", links grüßt ein Propagandaplakat zum 1. Mai, dem Internationalen Kampf- und Feiertag der Werktätigen.

So grau ist es gar nicht gewesen, damals, bei uns daheim - das könnte eine Botschaft dieser Bilder sein. Aber grau war es schon. Auch daran lassen sie keinen Zweifel. Eine Nostalgieschau ist das nicht, was Matthias Rataiczyk und Christin Müller-Wenzel aus Eva Mahns Werk zusammengestellt haben. Das sieht man gern.

Bis zum 9. September, Di-Fr 14-19, Sa u. So 14-17 Uhr, Eintritt 4 Euro, 3 Euro für Schüler u. Studenten; Eröffnung heute, 20 Uhr, es spricht T.O. Immisch