Künstler Künstler: Malerstar Neo Rauch wird 50
Leipzig/dpa. - Die New York Times beschrieb ihn als «Max Ernstdes postsozialistischen Realismus». Der Economist titelte 2002: «Thecoolest name in art - Neo Rauch». Sein Galerist nennt ihn denweltweit wichtigsten Maler seiner Generation. Neo Rauch, Ikone der«Neuen Leipziger Schule», ist zweifellos einer der bekanntestenGegenwartskünstler. Er hat in den besten Kunstmuseen der Weltausgestellt, verdient mit seinen riesigen Gemälden jeweils mehrerehunderttausend Euro und wird in Deutschland ebenso hofiert wie inAmerika. Zu seinem 50. Geburtstag am Sonntag bekommt der Malerstarein besonderes Geschenk: Eine Doppelretrospektive im Bildermuseumseiner Heimatstadt Leipzig und in der Münchner Pinakothek.
«Jedes Bild ist erst einmal ein Problem - eine Verheißung und einProblem zugleich. Wie beim Schachspiel», sagte Rauch jüngst in einemInterview. Auch für den Betrachter sind seine farbintensiven Werkevoller Dinge und Gestalten kein leichtes Spiel: Sie lassen sichschwer entziffern. Rauch wandelt mit dem Pinsel durch Zeiten undRäume, meist im düsteren Stil, und lässt in den Collagen Reales undSurreales verschmelzen. Die Leinwand-Motive findet er in seinenTräumen und in und um Leipzig. Seine Lehrmeister an der Hochschulefür Grafik und Buchkunst waren Arno Rink und Bernhard Heisig - beidesbekannte Maler des DDR-Realismus. Rauch zeichnet aber auch - aufkleinen Formaten - und will sich demnächst als Bildhauer probieren.
Während andere Künstler scharenweise nach London, Berlin oder NewYork zogen, ist Rauch seiner Heimat ein halbes Jahrhundert lang treugeblieben. Seine Kindheit verbrachte er allerdings im beschaulichenAschersleben (Sachsen-Anhalt): Wenige Wochen nach seiner Geburt kamenseine Eltern bei einem Zugunfall ums Leben und seine Großelternnahmen ihn auf. Schon lange lebt der Maler aber wieder in Leipzig. Inin einem Vorort bewohnt er mit seiner Frau Rosa Loy, einer Malerin,ein unspektakuläres Einfamilienhaus mit einem großen, natürlichenGarten. Dort ist er an Wochenenden häufig bei der Arbeit zu sehen.
Seine Arbeitszeiten ähneln denen eines Angestellten: Von Montagbis Freitag radelt der weltberühmte Freiberufler am Morgen etwa 15Kilometer zu seinem Atelier in einer früheren Baumwollspinnerei. Dortsteht auch eine Mittagspause fest auf dem Programm. Abends geht eswieder nach Hause. In dem ehemaligen Fabrikgebäude malt er alleine -ohne Heerscharen von Helfern, wie andere berühmte Künstler. Aufseinen eigenen Vernissagen steht der attraktive, schlanke Rauchungern im Rampenlicht, sondern oft mit Jeans und Jackett abseits vomTrubel. Auf Presse-Fotos verschränkt er die Arme und blickt ernst.Small-Talk und Party-Hopping sind nicht Sache des Künstlers, der sichfür Ernst Jünger ebenso begeistert wie für Karate.
Oberflächlichkeit und halbe Sachen mag er ebenso wenig. Das zeigtsich an seiner metaphernreichen, philosophischen und floskellosenSprache ebenso wie an seiner Einstellung zum Professorenjob. Diesenhatte er an der Leipziger Kunsthochschule vorzeitig wiederaufgegeben, weil er gemerkt hatte, dass mindestens eine Sache zu kurzkommt, wenn er malt und lehrt. «Der Fracksaum des staubgrauen Dienersist in die Fahrradspeichen geraten», sagte er über sich zurvorzeitigen Aufgabe seiner Professur. Nun betreut Rauch nur noch einekleine Gruppe von Meisterschülern. Auch im Umgang mit Journalistenist er eigen: Sorgfältig wählt der Künstler seine Interviewpartneraus. Doch wenn er ein Interview gibt, widmet er sich seinemGesprächspartner intensiv; und mitunter durchaus humorvoll. «Ich binein Konservativer und heiße Neo: eine ironische Situation», sagt erüber sich.