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Kunsthalle Villa Kobe Kunsthalle Villa Kobe: Botschaften aus dem Reich der Mitte

Von Günter Kowa 24.03.2004, 17:20

Halle/MZ. - Der west-östliche Diwan der Gegenwartskunst, der dieses Haus sein will, offenbart sich dabei auf einem Terrain, das für das Gros der Hiergebliebenen auf der abgewandten Seite des Mondes liegen dürfte. Man staunt also nicht schlecht, in den Bildern von acht Malern aus dem Umfeld der Akademien von Peking, Shanghai und vor allem Hangzhou - der ältesten und am meisten westlich orientierten Chinas - auf manch Vertrautes zu stoßen. Auf eine exotisch-rätselhafte Mischung nämlich aus chinesischen Traditionen der Tuschmalerei, urweltlicher Zeichensymbolik und aufgesaugten westlichen Strömungen bis hin zu wörtlichen Zitaten etwa von Picasso oder Chagall.

Um diese Welt zu verstehen, muss man den Sammler von der Erinnerung an eine Zeit des Umbruchs erzählen hören: Vom zaghaften Klimawechsel unter Deng Xiaoping nach den Exzessen der Kulturrevolution. "Nach Jahrzehnten, in denen jeder persönliche Kontakt mit Westlern tabuisiert und verboten war, hungerten besonders die jungen Künstler nach kontakten. Bücher, Zeitschriften und Kataloge wirkten auf sie wie Drogen."

Die "abstrusen Konsequenzen", die der Sammler beobachtete, waren beispielsweise Künstler, die bis zur Perfektion im Stile eines Gauguin oder Beckmann malten oder alle Stilrichtungen durchprobierten. Heute bedauert es Melletin, aus derlei Kuriosa keines als Zeitdokument bewahrt zu haben.

Er suchte und fand eben jene autonomen Charaktere, die sich aus der Tradition und den westlichen Einflüssen eine eigene Bildsprache zurechtzimmerten, nicht selten auch experimentelle Techniken pflegten. So beobachtet man den Weg in die Abstraktion ebenso wie den expressiven Drang ins Geniehafte etwa in explosiv gemalten Akten oder schrillen Kalligrafien in Rot und Gold. Als seine persönlichen Favoriten identifiziert Melletin zwei der anerkannten Malergrößen aus Hangzhou, Liang Quan und Han Likun: Sie litten gemeinsam in den Arbeitslagern an der Seidenstraße und sahen dort die Piktogramme aus den Steinzeithöhlen. So geistern sie fast wie bei Penck als Chiffren durch ihre Bilder, archaisch und fremd, aber doch ein Zeichen für die Gegenwart.

Philipp-Müller-Str. 65, bis 18. April, Do-So 14-19 Uhr. Eröffnung am Donnerstag um 19 Uhr.