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Kunst Kunst: Blau oder weiß?

Von Bettina Grachtrup 25.02.2004, 08:26
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig: Das Gericht war im August 2002 in das Gebäude des ehemaligen Reichsgerichts gezogen. (Foto: dpa)
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig: Das Gericht war im August 2002 in das Gebäude des ehemaligen Reichsgerichts gezogen. (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Leipzig/dpa. - Blau oder weiß - oder sollen sie ganz weg? Ein Kunstwerk am Bundesverwaltungsgericht Leipzig sorgt in der Messestadt immer wieder für Diskussionen. Es geht um die Frage, ob neun in den Himmel ragende Lichtsäulen in blauer Farbe vor dem denkmalgeschützten Gebäude leuchten dürfen.

Das Gericht zog im Jahr 2002 von Berlin nach Leipzig. Schon der damalige Gerichtspräsident Everhardt Franßen fand wenig Gefallen an den Designerleuchten, die seit 2000 an dem Vorplatz entstanden. Er empfand die Stelen und insbesondere das blaue Licht an dem sensiblen Ort als störend. Das Sächsische Landesamt für Denkmalpflege bezeichnete die Kunst gar als «Verunstaltung». Sie mache einen Teil der denkmalpflegerischen Bemühungen an dem Gebäude, das 1895 als Reichsgericht eröffnet worden war, geradezu zunichte.

So kam es zu einem Treffen auf höchster Ebene: Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD), das Bundesbauministerium und das Bundesjustizministerium einigten sich, die blauen durch weiße Leuchten auszutauschen, die Stelen aber zu erhalten.

Das war nicht selbstverständlich, denn für die Leuchten wäre wohl eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung des Regierungspräsidiums Leipzig nötig gewesen. Die existiert jedoch nicht. «Die Stadt war der Meinung, das man sie nicht braucht», sagt heute der Leiter des Stadtplanungsamtes, Wolfgang Kunz. Das Gebäude an sich sei das Denkmal und nicht der Platz davor, der der Stadt gehört.

Als das Regierungspräsidium von den Stelen erfuhr, war es bereits zu spät. «Die Stadt hat einfach Tatsachen geschaffen», sagt Sprecherin Anja Kluthmann. Ihre Behörde zeigte jedoch Gnade und erinnerte sich an die Steuergelder, die in dem Kunstwerk stecken. Immerhin kostete eine Säule nach Angaben der Stadt 3600 Euro. Von einem Abriss sah das Regierungspräsidium deshalb ab - es duldet seitdem die Stelen.

Wieder Wind in die Geschichte kam auf der Jahrespressekonferenz des Gerichts. Von einem Journalisten auf die umstrittenen Leuchten angesprochen, zeigte Präsident Eckart Hien Verständnis für die Architektin der Stelen, die mit der weißen Farbe unzufrieden sei. Die blaue Farbe sei aus ihrer Sicht gerade der «Witz», denn das Blau symbolisiere das Wasser im nahen Pleissemühlgraben. «In diesem Zusammenhang habe ich (...) den Gedanken ins Spiel gebracht, man könne sich die Stelen mit dem blauen Licht auch an anderer Stelle vorstellen», bemüht sich Hien im Nachhinein um eine Glättung der Wogen. «Ich habe nie gefordert, die Stelen ganz zu entfernen.»

Die Stadt denkt unterdessen laut darüber nach, die Säulen wie zuvor wieder nachts blau leuchten zu lassen. Kunz erwartet, dass der zuständige Stadtentwicklungsausschuss zustimmt. Der abermalige Farbwechsel werde dem Steuerzahler aber nichts kosten, beteuert Kunz: «Die blauen Leuchten haben wir aufgehoben.»

Eckart Hien, Präsident des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig (Foto: MZ-Archiv)
Eckart Hien, Präsident des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig (Foto: MZ-Archiv)
dpa