«Klugscheißer»-Bücher «Klugscheißer»-Bücher: Halbwissen für den gekonnten Smalltalk
Münster/Frankfurt/dpa. - Die Zahl neuer Bücher, die die Neugier auf Detailwissen und -halbwissen stillen, steigt stetig. Damit kommt der geneigte Leser zwar nicht wirklich weiter, glänzt aber auf jeder Party. Gerade zu Weihnachten sind diese Schriften nach Händlerangaben auch ein beliebtes Geschenk - sei es aus Überzeugung oder Verlegenheit.
«Wir nennen diese Bücher oft nur "Klugscheißer"-Bücher oder augenzwinkernd Lebenshilfe-Bücher», sagt eine Buchverkäuferin in Münster. Die Titel heißen etwa: «Warum Frauen schneller frieren», «Was macht das Licht, wenn's dunkel ist?» oder «Warum haben Männer Brustwarzen?»
Deutschlands zweitgrößter Internet-Buchhändler buch.de in Münster beobachtet schon seit längerem den Trend zum Sachbuch. Der Leiter der Buchabteilung bei buch.de, Jörg Hentzschel-Fröhlings, sagt: «"Schotts Sammelsurium", "Dr.Ankowitschs Konversationslexikon" - das Angebot für Bildungsbeflissene oder solche, die es sein wollen, wird immer größer.» Die genannten und andere Werke seien unterhaltsam und gut geeignet, immer frisches Futter für den nächsten Smalltalk parat zu haben.
Allein dem Frankfurter Eichborn-Verlag haben gut 45 Buchtitel dieser Art in den vergangenen zehn Jahren einen Millionenumsatz beschert. Vom «Lexikon der populären Irrtümer» (Gesamtauflage etwa 750 000), über das «Lexikon merkwürdiger Todesarten» bis hin zum «Lexikon der Öko-Irrtümer»: «Das Erfolgsrezept besteht darin, allgemein verbreitete Ansichten unterhaltsam aufzunehmen oder zu widerlegen. Der oft männliche Leser zwischen 25 und 45 Jahren bekommt Stoff für Party-Talk und Besserwisserei», sagt Eichborn-Sprecher Dieter Muscholl.
Nicht nur Bücher, auch TV-Quiz-Sendungen wie «Genial daneben» und «Wer wird Millionär?» bedienen Deutschlands «Rechthaber». Oft erfährt man in den TV-Shows Fakten oder Worterklärungen, die - beiläufig fallen gelassen - Eindruck schinden.
Welche Gemütslage dahinter stecken könnte, dass die Besserwisser-Bücher so beliebt geworden sind, hat der TV-Entertainer Harald Schmidt kürzlich in Interviews formuliert. Alles, was man denken könne, sei schon einmal gedacht worden. «Die Aufgabe besteht also darin, zu wissen, wo das Ergebnis dieses Nachdenkens zu finden ist, in welchem Buch es steht», sagte er der Wochenzeitung «Die Zeit». Und dem Magazin «Neon» gestand er, nur noch auf «Verwertbarkeit» zu lesen. «Mein Prinzip auf der Bühne lautete schon immer: "Einschüchterung durch Halbbildung".»
Die Zeitschrift «Neon» hat denn auch die Rubrik «Unnützes Wissen» erfunden - Motto: «Fakten, die man im Gedächtnis behält, obwohl man sie sich nicht zu merken braucht.» Beispiel: 31 Jahre bevor sie britische Premierministerin wurde (1948), erfand Margaret Thatcher mit einem Chemiker-Team das Softeis.