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Kinostart: 30. März Kinostart: 30. März: «Bye, Bye Berlusconi!»

Von Birgit Heidsiek 23.03.2006, 08:26
Topolino (Maurizio Antonini) steigt in dem Kinofilm «Bye Bye Berlusconi» in einen Koffer. (Foto: dpa)
Topolino (Maurizio Antonini) steigt in dem Kinofilm «Bye Bye Berlusconi» in einen Koffer. (Foto: dpa) Filmwelt verleih

Hamburg/dpa. - Vorwurfsvoll verliest die überzeugte Polit-Aktivistin (Lucia Chiarla) eine ganze Reihe von Anklagepunkten, diesie ihrem Entführungsopfer (Maurizio Antonini) vorhält. Auf das Kontodes korrupten Politikers gehen Bilanzfälschung, Steuerhinterziehung,Bestechung sowie Nähe zur Mafia. Per Internet lässt sie in einemPublikums-Prozess darüber abstimmen, in welchen Fragen der Angeklagtefür schuldig befunden wird.

In seiner brisanten Polit-Satire «Bye, Bye Berlusconi!» zeigt derdeutsche Autor, Regisseur und Schauspieler Jan Henrik Stahlberg(«Muxmäuschenstill») ein junges, engagiertes Team in Genua, das einenFilm über die Entführung des italienischen Ministerpräsidenten SilvioBerlusconi dreht. Um sich vor juristischen Angriffen zu schützen,setzen die Filmemacher kurzerhand auf eine Satire und verlegen dieGeschichte von Italien nach Entenhausen.

Die Idee zu diesem ungewöhnlichen Filmprojekt entwickelteStahlberg gemeinsam mit seiner Ehefrau Chiarla. «Wir haben unsgefragt, warum es eigentlich keinen Spielfilm über einen amtierendenPolitiker gibt, der uns mit seinen Gesetzesänderungen beschäftigt»,sagt der Regisseur. «Wir wollten den Film nicht nur in die Satiregleiten lassen, sondern das war auch eine juristische Notwendigkeit.»Da der italienische Ministerpräsident namentlich nicht genannt werdendurfte, tauften sie ihn in ihrem Film-im-Filmprojekt «Micky Laus» undbezeichneten ihn als Melonen-Produzenten. Die passende Besetzung fürdiese Figur fanden sie im Internet mit dem römischen SchuhverkäuferAntonini, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit Berlusconi besitzt.

Als Produzent für «Bye, Bye, Berlusconi!» zeichnet Martin Lehwaldmit seiner Berliner Firma Schiwago Film verantwortlich, auf derenKonto bereits die freche Kino-Satire «Muxmäuschenstill» ging.Aufgenommen wurde der Film mit einem kleinen Team im Guerilla-Stil.«Wir besaßen fast nie Drehgenehmigungen, weil wir keinerleiAufmerksamkeit erregen wollten», verrät Stahlberg. Zur Sicherheithatte das Team immer ein zweites Drehbuch mit einer anderenGeschichte parat und erstellte nach jedem Drehtag Sicherheitskopienvon dem aufgenommenen Material. «Es war ein mulmiges Gefühl, alsunser Second-Unit-Team einmal von der Polizei festgehalten wurde,obwohl sich gar keine Bilder von dem Berlusconi-Doppelgänger in derKamera befanden.»

In Italien wird «Bye, Bye Berlusconi!» jetzt unmittelbar vor denParlamentswahlen ins Kino gebracht. «In dieser Zeit wird der FilmBerlusconi am meisten schaden», glaubt Chiarla. Die große Popularitätdes Politikers in Italien resultiert nach Meinung von Stahlberg nichtzuletzt daraus, dass er durch sein gigantisches Medienimperium dasFernsehen beherrsche. «Dadurch besitzt er die Macht der Wiederholungund kann unzählige Male am Tag seine Meinung zu einem Thema äußernund somit das öffentliche Meinungsbild erheblich beeinflussen.»

In «Bye, Bye Berlusconi!» spielt Stahlberg gezielt darauf an,indem er mit groteskem Humor die sich ständig wiederholenden Werbe-Spots des Melonen-Produzenten persifliert. Durch die immer engerwerdende Verzahnung der Rahmenhandlung und der Film-im-Film-Geschichte schafft es der Regisseur in dieser bunten, bitterbösenFarce, die Grenzen zwischen Realität, Dokumentation und Fiktionzunehmend verschwimmen zu lassen. Dieses provokative Polit-Potpourriamüsiert vor allem durch seinen schrägen Underground-Charme, der vonspontanem Aktionismus, Aufbruchstimmung und absoluter Absurditätgeprägt ist.