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Kinostart: 3. April Kinostart: 3. April: «Untraceable»

28.03.2008, 09:16
FBI-Agentin Jennifer Marsh (Diane Lane) und Detective Eric Box (Billy Burke) in einer Szene des Films "Untraceable". (Foto: dpa)
FBI-Agentin Jennifer Marsh (Diane Lane) und Detective Eric Box (Billy Burke) in einer Szene des Films "Untraceable". (Foto: dpa) Universal Filmverleih/Bramley

Hamburg/dpa. - Noch ein paar Klicks und er ist tot. So lautet dieschlichte wie grausame Formel für einen Mord im Internet, zumindestin dem US-Thriller «Untraceable»: Je mehr Besucher die Seite«Killwithme» («Töte mit mir») anklicken, desto heftiger wird derMann, der mit einer Webcam gefilmt und im weltweiten Netz zu sehenist, gefoltert. Desto schneller stirbt er auch. Der Film von GregoryHoblit ist mindestens in einer Hinsicht beklemmend realistisch: Diegesamte Internetgemeinschaft macht sich bei dem, was im Netzvertrieben und betrachtet wird, letztlich mitschuldig. In seinerKritik an einer solchen Gesellschaft greift der Thriller allerdingsselbst zu einer drastischen Bildsprache.

«Klicks» sorgen im Zeitalter des Web 2.0 für das Überleben einerInternetseite. Was für Zeitungen die Auflage und für Fernsehen oderHörfunk die Quoten, das sind für Websites die Menge der Besuche derSeite und ihrer Angebote: Jeder Klick, das heißt, jedes Mal, wenn dievirtuelle Seite aufgerufen wird, zählt. In dem FBI-Action-Film«Untraceable» trägt jeder Klick allerdings auch zur Heftigkeit undSchnelligkeit eines grausamen Todes bei.

FBI-Agentin Jennifer Marsh (Diane Lane) muss sich mit Online-Verbrechen herumschlagen: Von Pornografie bis Bankkontenplünderung.Doch was ihr mit der Seite «Killwithme» unterkommt, übersteigt nachund nach auch ihre Nerven. Zuerst ist es nur eine Katze, die gefilmtwird, wie sie beim Milchschlecken auf einer mit Leim bestrichenenFläche festklebt und schließlich verendet. Doch dann beginnt einSerienmord, der an Dynamik immer mehr zunimmt.

Beim ersten Opfer schauen rund sechs Millionen Menschen imInternet zu, wie ein Familienvater qualvoll verblutet. Bei dennächsten Opfern erreicht die Zahl der User blitzschnell die 13Millionen. Sie alle werden zu Mittätern, denn pro Klick wird entwederein weiteres Folterwerkzeug eingesetzt oder die Menge giftigerSubstanzen erhöht, die dem Gefolterten zugeführt werden. Kein Filmfür schwache Nerven, denn die Qualen, Verletzungen und Tode der Opferwerden minutiös abgebildet.

Regisseur Hoblit, der auch bei dem Psycho-Thriller «Das perfekteVerbrechen» Regie führte, setzt dabei also genau auf das, was ereigentlich kritisieren will: Die voyeuristische Lust des Zuschauers.Die Kritik richtet sich an Internetnutzer, die Videos wie diese - diein die Kategorie der so genannten Snuff-Videos fallen, also Live-Aufnahmen von Tötungen - für unecht und das Ganze für gelungeneUnterhaltung halten. Tatsächlich findet man solche Kommentare nichtselten in Internetforen, in denen sich die Nutzer über die Echtheitvon Live-Videos austauschen.

«Untraceable» heißt übersetzt «unauffindbar» und bezieht sich aufdie unübersichtlichen Weiten der virtuellen Welt. Diese ist in diesemFilm die willkommene Plattform eines Serienkillers, der dieÖffentlichkeit sucht, die sich am Leid anderer ergötzt. Bis auf dieseAktualität funktioniert «Untraceable» wie traditionelle Serienmord-Thriller, angefangen beim Klassiker «Das Schweigen der Lämmer» von1991. Dabei ist die Handlung allerdings so einfach gestrickt, dassman die Entwicklung der Geschichte schon ziemlich bald vorausahnt undder Film nur noch einen Wechsel zwischen Gähnen und Erschreckenbewirkt.

Umso stärker fallen aber die brutalen Szenen ins Auge, die inihrer Intensität die Frage aufkommen lassen, ob radikale Medien- undGesellschaftskritik tatsächlich solcher grausamen Bilder bedarf. Oderschlägt der Film hier in dieselbe Kerbe, indem er mit Horrorszenarienund Gewalt die Zuschauer lockt?