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Kinostart: 26. November Kinostart: 26. November: «Helen»

Von Susanne Schmetkamp 19.11.2009, 13:54

Köln/dpa. - Kurz nach dem Tod des Nationaltorwarts Robert Enke zeigt der Kinofilm «Helen» auf einfühlsame und differenzierte Weise, wie komplex diese Krankheit ist, und wie hilflos die Betroffenen selbst und deren Umfeld reagieren. Die Autorin und Regisseurin Sandra Nettelbeck, die 2001 mit ihrer Liebeskomödie «Bella Martha» berühmt wurde, hat elf Jahre an dem Film gearbeitet und beweist mit dem Thema viel Mut.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Helen Leonard (Ashley Judd),Dozentin an einer Musikhochschule. Die 38-Jährige führt einglückliches Leben, liebt ihren Job, ihren Mann David (Goran Visnjic)und ihre 13-jährige Tochter Julie (Alexia Fast). Doch irgendetwasscheint da auf sie zuzukommen, sie spürt es. Langsam, aberunaufhaltsam verändert Helen sich, wird unruhig, unkonzentriert,gereizt, müde. In alltäglichen Situationen befallen sie plötzlichTraurigkeit, Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit. Sie ahnt,was mit ihr los ist, sagt es aber niemandem.

«Mein Film bietet keine Erklärungen», sagte Sandra Nettelbeck nachder Premiere des Dramas in Köln. «Ich habe keinen Aufklärungsfilmmachen wollen.» Sie hoffe aber, dass der Film dazu anrege, wichtigeund richtige Fragen zum Thema zu stellen. Die Krankheit «Depression»sei ein Tabu. «Ich habe damals vor allem in den USA recherchiert, daes in Deutschland zu wenig dazu gab», sagte die 43-Jährige. «Helen»,eine deutsch-kanadische Koproduktion, ist der erste englischsprachigeFilm der Regisseurin. Wenn schon ein solch schwieriges Thema, dannsollte der Film doch wenigstens international sein.

Gedreht wurde in Kanada, genauer Vancouver. Hier fand dieRegisseurin eine gut ausgebaute Infrastruktur für den Film: Vancouverbeziehungsweise die Provinz British Columbia firmiert nicht umsonstunter dem Titel «kanadisches Hollywood». Das Filmteam fand hier aberauch viel Natur, Berge, Meer und Wind - also Dinge, die dieStimmungen der Protagonistin symbolisieren helfen. Kitschig oderklischeehaft wird das Drama aber nie, und das ist Nettelbeck geradebei diesem Thema hoch anzurechnen.

Es handelt sich nicht um leichte Kinokost wie noch bei derKüchenkomödie «Bella Martha». «Aber es geht wie in allen meinenFilmen doch vor allem um Liebe», sagte Nettelbeck. Niedergeschlagenoder deprimiert geht man als Zuschauer nicht aus dem Film, sonderneher still und nachdenklich. Das ist nicht zuletzt den hervorragendenDarstellern und der ruhigen Bildsprache zu verdanken.

Behutsam haben Nettelbeck und ihr Kameramann Michael Bertl aufeine - zwar manchmal schmerzhafte - helle, weiße Lichtoptik gesetzt,die dem Ganzen etwas Irreales gibt: Helen steht neben sich, scheintnicht mehr in ihr altes Leben zu gehören. Die Farben und Bilderstützen diese Atmosphäre der Entrücktheit. Ihr Mann und ihre Tochterkommen nicht mehr an sie heran. Nur noch eine Freundin (Laureen LeeSmith), selbst depressiv, versteht sie.

Neben der Sensibilität der Stoffumsetzung sind die Schauspieler zubewundern, die jeder für sich das Richtige aus ihrer Figurherausholen, insbesondere Ashley Judd in der Hauptrolle. Vor allemaber ist es die Zurückhaltung des Films selbst, keine einfachenLösungen bieten zu wollen, was ihn so besonders macht. Und seineKlarheit, Depression als komplexe Krankheit darzustellen, die nichtmit gut gemeinter Fürsorge zu beheben ist. Denn, so sagt ein Arzt:«Ihre Frau ist nicht unglücklich. Ihre Frau ist krank.»