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Kinostart 25. März Kinostart 25. März: «Blind Side»

Von Simon Book 18.03.2010, 09:15

Hamburg/dpa. - Nunkommt die wahre Geschichte des schwarzen Jungen Michael Oher, der vonder weißen Frau gerettet und in ein besseres Leben geführt wird, indie deutschen Kinos.

Einsam läuft der Riese durch den Regen. Die Nacht ist kalt. KeinWetter, um draußen spazieren zu gehen zumal in kurzen Hosen und T-Shirt. Aber wo soll er hin? Er gehört nicht in diese Gegend, aufdiese Schule voller weißer Upperclass-Kinder. Kinder wie die derTuohys. Sie wohnen in schicken Villen in der sogenannten guten Gegendvon Memphis, besuchen die christliche Schule. Genau wie Michael Oher.Das aber ist auch die einzige Gemeinsamkeit.

Oher nämlich ist schwarz. Aufgewachsen im Hurt Village, demArmenviertel der Stadt, hat er nie ein eigenes Bett besessen,geschweige denn eine heile Familie. Er ist eines von zwölf Kindern,wird früh von der Mutter getrennt und schlägt sich seitdem alleindurchs Leben. Bis er eben im Regen von Leigh Anne Tuohy (SandraBullock) aufgelesen wird - der Beginn einer Freundschaft, wie siegegensätzlicher nicht sein könnte.

John Lee Hancocks Drama «Blind Side» erzählt in diesen Gegensätzendie wahre Geschichte des Michael Oher (Quinton Aaron). Leigh Anne istzierlich und elegant manchmal auch ein bisschen zu blond, zu tiefdekolletiert und in zu engen Hosen, dafür tough und direkt. Michael,grobschlächtig und von beeindruckend riesiger Statur, eherintrovertiert und schüchtern. Wenn Gegensätze sich anziehen, musstendiese beiden sich finden. Und so wird Michael schon nach kurzer Zeitein Teil der Familie und das große Projekt von Mutter Leigh Anne.

Unermüdlich versucht sie, den Jungen auf die rechte Bahn zubringen. Sie gibt ihm ein eigenes Zimmer, engagiert eineHauslehrerin, bezahlt seinen Führerschein. Vor allem aber fördert siesein schlummerndes Talent zutage: Michaels herausragende Football-Künste. Doch je weiter Michaels Leben von Leigh Anne umgekrempeltwird desto mehr verändert Michael auch ihr Leben.

Es ist eine Geschichte wie Amerika sie liebt. Und dabei bleibt«Blind Side» über weite Strecken altbekanntes Wohlfühl-Kino ohneechte Überraschungen. Der Zuschauer spürt, dass hier die wahreGeschichte mehrfach überdehnt wurde, um hollywoodtauglich zu werden.Leigh Anne kommt wie ein weiblicher Jesus daher. In unendlicherNächstenliebe tut sie alles, um Michael zu helfen und vergisst dabeifast ihre eigene Familie. Dabei wirkt sie übermenschlich undunnatürlich. Nicht einmal als Michael bei einem Autounfall ausUnachtsamkeit fast ihren kleinen Sohn verletzt, findet sie ein Wortdes Zorns für ihn.

Sandra Bullock spielt dennoch grandios. Für die Rolle derwohlhabenden, republikanischen Hausfrau mit Nebenjob Mutter Theresahat sie zurecht den Golden Globe und den Oscar als besteHauptdarstellerin gewonnen. Auch Quinton Aaron nimmt man seine Rolleals verletzlicher, introvertierter Riese durchaus ab. Die Schwächedes Films ist jedoch seine unkritische Haltung. Die großen Konflikteder amerikanischen Gesellschaft - schwarz und weiß, Arm und Reich -sie werden allenfalls kurz aufgegriffen, nicht behandelt. DieProbleme und Schwierigkeiten dennoch derart latent anzureißen, ohnedem Zuschauer mehr Tiefgang bieten zu können, verstört jedoch.Ebenso, wie der komödiantische Einstieg in diesen dramatischen Stoff.So entsteht zwar kein Meisterwerk, aber ein durchschnittlicher undgut gespielter Hollywoodfilm, der zwischenzeitlich aufstöhnen lässtob seines allzu perfekten Arrangements.