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Kinostart: 24. April Kinostart: 24. April: «Lauf um dein Leben»

Von Ines Bellinger 17.04.2008, 11:08
Andreas Niedrig (Max Riemelt) feiert seinen ersten Sieg im Ironman-Rennen (undatierte Filmszene). «Lauf um dein Leben» erzählt über den Triathleten Andreas Niedrig, der es vom Junkie zum Ironman schafft. (Foto: dpa)
Andreas Niedrig (Max Riemelt) feiert seinen ersten Sieg im Ironman-Rennen (undatierte Filmszene). «Lauf um dein Leben» erzählt über den Triathleten Andreas Niedrig, der es vom Junkie zum Ironman schafft. (Foto: dpa) enigma film

Hamburg/dpa. - Sie hat immer nur eins «auf die Fresse gekriegt» undtrotzdem zu ihm gehalten. Für ihn hat sie die eigentlicheLebensleistung vollbracht, und er weiß, was er ihr schuldig ist: «Esist das, was mich am Leben hält: Meine Frau zu sehen, wenn sieglücklich ist.»

Andreas Niedrig (40) ist ein echter Ruhrpottjunge aus Oer-Erkenschwick, ein Draufgänger, der schon früh süchtig war nach dem,was er für das Leben hielt. Er hat geraucht, gesoffen, gekifft,geklaut und schließlich Heroin gespritzt. Es ist ein Wunder, dass erdem Tod von der Schippe sprang. Und ein Glück, dass er nach demEntzug eine Triathlon-Karriere startete, die ihn bis in dieWeltspitze führte. Er wurde vom Junkie zum Ironman.

Regisseur Adnan G. Köse («Mein Freund Balou») hat NiedrigsLebensgeschichte vor der Ruhrpottkulisse sowie in Amsterdam und aufLanzarote verfilmt. Unter dem Titel «Lauf um dein Leben» feiert derStreifen am 21. April am Hauptdrehort Dinslaken Premiere. Es ist keinSportfilm, kein Heldenepos, sondern ein starkes Stück deutschesErzählkino über Leben und Tod, Liebe und Verlust.

Mit seinem Schauspieler-Ensemble ist Köse ein Glücksgriffgelungen. Max Riemelt, der derzeit auch in «Die Welle» und «Up! Up!To the Sky» im Kino zu sehen ist, wandert mit kaum zu begreifenderLeichtigkeit zwischen den Extremen. Er wird umrahmt von grandiosenNebendarstellern: Jasmin Schwiers als Sabine Niedrig, die hin- undhergerissen ist zwischen der Liebe zu ihrem Mann und der Abscheu vorder Sucht, Uwe Ochsenknecht als kompromissloser Trainer und UdoSchenk als pflichtbewusster Vater, der die Liebe zu seinem Sohn undseine Hilflosigkeit hinter einer knallharten Fassade wegschließt.

Glänzend gezeichnet ist auch Andreas' Junkie-Clique - die«Fantastischen Vier», die immer auf der Suche nach dem ultimativenKick sind. Comedian Axel Stein überrascht in einer ernsten Rolle alsKurt, der in der Psychiatrie landet, nachdem sich seine Freundin eineÜberdosis gespritzt hat. Motte (Robert Gwisdek) kommt als oberlässigePete-Doherty-Kopie daher. Dabei ist er der sensibelste von denVieren. Als er keinen Ausweg mehr weiß, setzt er sich den GoldenenSchuss und stirbt in Andreas' Armen. Ismail (Ismail Deniz) schneidetein Landsmann aus dem Drogenmilieu aus Rache einen Finger ab, ersteht später mit den alten Kumpels an Mottes Grab. Andreas schafft esirgendwie, kehrtzumachen in dieser Einbahnstraße Richtung Hölle. Wieviel Kraft ihn das gekostet hat, kann der Zuschauer nur ahnen.

Kleine Schwächen zeigt der Film dort, wo Niedrigs Leben nach derSucht beginnt. Seine Flucht von einer Abhängigkeit in die andere -der Sport wirkt zumindest am Anfang wie eine Ersatzdroge - wird zuoberflächlich gezeichnet. Wie sich der Rausch der Endorphine nachkörperlicher Verausgabung anfühlt? Warum stunden-, tage-, wochenlangschwimmen, radfahren und laufen für den Tag X? «So viel Stress für sowenig Spaß» - nicht nur für Motte bleibt das ein Rätsel.

Andreas Niedrig hatte ein Mitspracherecht bis zum letzten Drehtag.«Ich hätte den Film jederzeit stoppen können», erzählt er. Doch erhat abgeschlossen mit seiner Drogenvergangenheit. Er ist seit 20Jahren clean, engagiert sich in Schulen für Suchtprävention und führtmit Sabine sowie den Kindern Jana (19) und Leander (10) ein«stinknormales, spießiges Leben». Trotzdem: Wenn er Robert Gwisdekspielen sieht, dann wird sein Kumpel Motte in der Erinnerung wiederlebendig, «dann muss ich heulen». Und Sabine? Sie hat eingewilligt indas Projekt. Doch dann konnte sie den Schmerz, das Durchlebte nocheinmal auf der Leinwand zu sehen, kaum ertragen. «Ich brauch dasnicht noch mal», hat sie zu ihm gesagt.