Kinostart: 22. Dezember Kinostart: 22. Dezember: «Oliver Twist»

Hamburg/dpa. - In derMetropole nimmt sich der junge Langfinger Dodger (Harry Eden) deshungrigen Ausreißers an und führt ihn ein in die Kinder-Diebesbandeum den zwielichtigen Gauner Fagin (Sir Ben Kingsley).
Beim ersten Beutezug wird Oliver, obwohl er nur zuschaut, prompterwischt. Der gutbürgerliche Buchhändler Mr. Brownlow (EdwardHardwicke) rettet den Jungen vor der wütenden Menge und nimmt ihn beisich auf. Aber auf Druck des brutalen Zuhälters Bill Sykes (JamieForeman) setzt die Bande alles daran, den Flüchtling zurück zu holen.
Mit der jüngsten Verfilmung des Klassikers «Oliver Twist» scheinensich Autor Charles Dickens (1812-1870) und Filmemacher Roman Polanskiauf persönlicher Ebene zu begegnen, obwohl sie fast anderthalbJahrhunderte trennen. Beiden wurde ihre Kindheit geraubt: Dickensmusste als Zwölfjähriger in einer Fabrik für Schuhschwärze arbeiten,um die Familie durchzubringen. Polanski, dessen polnisch-jüdischeEltern von den Nazis deportiert wurden, suchte als AchtjährigerZuflucht bei Pflegefamilien.
Regisseur Polanski und sein Drehbuchautor Ronald Harwood bleibensehr nah an der Romanvorlage. Die französisch-englisch-tschechischeCo-Produktion lässt im nebligen Prag das alte London wiederauferstehen. Dabei wirkt Polanskis Ästhetik, das Wechselspiel vonLicht und Schatten, für die Elendsatmosphäre des Romans wiegeschaffen.
Polanski engagierte für seine erste Arbeit nach dem oscar-gekrönten «Der Pianist» (2002) fast das komplette Team des Films fürdas neue Projekt. Ähnlich wie in «Der Pianist» bestimmen düstereBilder das Geschehen, auch in «Oliver Twist», dem Kinderfilm, geht esums nackte Überleben.
Hunger, Krankheit und Tod begleiten die Odyssee des Jungen, dervon dem Zwölfjährigen Barney Clark beeindruckend gespielt wird. DieTragik des Elends bleibt bestehen, auch wenn Oliver Twist ihrschließlich entkommt. Die Diebesbande war für Twist auch Familie, erlässt sie im Leid zurück. So markiert der Abschied von seiner erstenVaterfigur Fagin, dessen Ambivalenz zwischen Beschützer und Ausbeuterbrillant von Sir Ben Kingsley darstellt wird, zugleich das Endekindlicher Naivität.
«Oliver Twist» ist ein nachdenklicher Weihnachtsfilm. DieMelancholie, die Polanski meisterhaft zu zeichnen versteht, untermaltOlivers Freiheitskampf gegen sein persönliches trauriges Schicksal.In einer Zeit, in der Armut als gottgegeben galt, kämpft er gegen dieUngerechtigkeit an.
Polanski wollte mit «Oliver Twist» einen Film für seine Kinderdrehen und hat damit wieder eigene Erinnerungen an seine Jugendgeweckt. Entstanden ist ein sehr erwachsener Kinderfilm. «Mich störendie dunklen Momente in "Oliver Twist" überhaupt nicht, jungeZuschauer mögen so etwas», sagt Polanski. «Furcht erregende Märchenvon Grimm und Anderson werden von Generation zu Generationweitergereicht. Die Stärke eines Buches liegt in seinem zeitlosenCharakter, selbst wenn es in einer altmodischen Sprache verfasstist.»
«Oliver Twist» von Polanski weist auf die andere Seiteweihnachtlichen Winterzaubers hin: auf die Seite derer, die sich keinLicht, keine Wärme, keine Geschenke leisten können.