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Kinostart: 2. Oktober Kinostart: 2. Oktober: «Berlin Calling»

Von Wolf von Dewitz 25.09.2008, 10:09
Paul Kalkbrenner posiert für das Filmplakat zu "Berlin Calling". Paul Kalkbrenner spielt den DJ Ickarus, der mit seiner Managerin durch die Clubs der Welt reist, bis ihn eine falsche bunte Pille in die Klinik befördert. (Foto: dpa)
Paul Kalkbrenner posiert für das Filmplakat zu "Berlin Calling". Paul Kalkbrenner spielt den DJ Ickarus, der mit seiner Managerin durch die Clubs der Welt reist, bis ihn eine falsche bunte Pille in die Klinik befördert. (Foto: dpa) Movienet

Berlin/dpa. - Zwischendurch nimmt er - immer wieder, immer öfter -Drogen. Mal sind es Pillen, mal Pulver, häufig beides. Das Leben wieim Rausch: Der Spielfilm «Berlin Calling» (Kinostart 2. Oktober)zeigt einen gefeierten Techno-DJ, der die Selbstkontrolle verliert.Er wird wahnsinnig und landet in der Psychiatrie. Regisseur HannesStöhr («Berlin is in Germany») gelingt ein mitreißendes Drama überdie zunächst zerstörerische, schließlich heilsame Macht der Musik.

Paul Kalkbrenner, im wirklichen Leben ebenfalls Techno-DJ, gibtsein Schauspiel-Debüt. Er verkörpert einen haltlosen Menschen mitunkontrollierbaren Gefühlsschüben in derbem Berliner Dialekt. Seinepsychischen Probleme ertränkt er im exzessiven Partyleben. Das treibter so weit, bis nichts mehr geht und der Arzt kommt. Der taucht inGestalt einer Psychiaterin (Corinna Harfouch) auf, die mit stoischerRuhe und kaltem Blick seine verworrenen Emotionen seziert.

Der Titel führt etwas in die Irre. Denn Berlin als Schauplatznimmt in dem Werk nur eine untergeordnete Funktion ein. Statttypischer Hauptstadt-Aufnahmen überwiegen klaustrophobische, dunkleInnenräume: eine Altbauwohnung, ein Club, ein Hotel oder das Büroeines Plattenlabels. Diese Orte erscheinen wie das Nirgendwo einerbeliebigen deutschen Großstadt. Einmal kriecht Ickarus im Delirium anMauer-Resten entlang. Doch weiter wird die einstige Teilung der Stadtnicht thematisiert.

«Berlin Calling» ist eine Mischung aus einer Milieustudie derTechno-Szene und dem Psychogramm eines kranken Menschen. DieNebenfiguren erscheinen im scharfen Kontrast zum ständig vibrierendenIckarus. Der Vater (Udo Kroschwald) ist ein ausgeglichener Pfarrer.Der Bruder sucht als ewiger Praktikant hartnäckig seinen Platz in derbürgerlichen Arbeitswelt. Und die Chefin eines Plattenlabels sieht inMartin - wie der Künstler Ickarus eigentlich heißt - nur ein Produkt.Als dessen Vermarktung nicht mehr funktioniert, geht sie auf Abstand.

Schließlich gibt es noch einen abgewrackten Drogendealer und eineBlondine (Henriette Müller, «Prinzessin»), die Ickarus mit ihrenVerführungskünsten dem wahren Glück entfremden. Zur wirklichenKatastrophe kommt es aber nicht. Wie schon in «Berlin is in Germany»dominiert ein positiver Grundton eine dramatische Geschichte aus demRepertoire von Filmemacher Stöhr. Dem Schicksal seines mythischenNamensgebers folgt der Protagonist nicht. Am Ende fliegt Ickarusinnerlich befreit der Sonne entgegen. Den Absturz hat er nämlichschon längst hinter sich.