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Kinostart: 18. September Kinostart: 18. September: «Die Kunst des negativen Denkens»

Von Johannes von der Gathen 11.09.2008, 08:39
Geirr (Fridtjov Saheim) in einer Szene der Komödie «Die Kunst des negativen Denkens»: Er sieht die Welt in den schwärzesten Farben, seitdem er im Rollstuhl sitzt. (Foto: dpa)
Geirr (Fridtjov Saheim) in einer Szene der Komödie «Die Kunst des negativen Denkens»: Er sieht die Welt in den schwärzesten Farben, seitdem er im Rollstuhl sitzt. (Foto: dpa) Kool

Hamburg/dpa. - Im ersten Stock seines Hauses sitzt er im abgedunkeltenZimmer, schaut sich martialische Kriegsfilme an, hört dazu Songs vonJohnny Cash und raucht jede Menge Joints. Der Typ ist total am Ende.

Um den endgültigen Absturz zu verhindern, lädt Geirrs Frau Invild(Kirsti Eline Torhaug) aus lauter Verzweiflung eine Behindertengruppeunter Leitung der hochmotivierten Therapeutin Tori (Kjersti Holmen)zu sich nach Hause ein. Jetzt wird Geirr richtig munter: anstatt sichbrav in die windelweiche Gruppentherapie einzureihen, mischt derMisanthrop die lammfromme Psycho-Truppe gehörig auf. Bald kreisenWhiskeyflasche und Revolver, und die billigen Phrasen vom positivenDenken zerplatzen so schnell wie Seifenblasen.

Der norwegische Regisseur Bard Breien nimmt in seiner erfrischendaufmüpfigen «Feel-Bad-Komödie» keine falschen Rücksichten und erteiltdem Zuschauer eine rabenschwarze Lektion in Sachen Leidbewältigung.Positiv denken kann jeder, aber sich die Abgründe und Fallstricke desSeins bewusst zu machen und dennoch nicht zu verzweifeln, darinbesteht die «Kunst des negativen Denkens».

Chefzyniker Geirr geht systematisch zur Sache: zunächst demontierter die hohlen Sprüche der aufgeblasenen Therapietante Tori, dannlässt er den eitlen Gard (Henrik Mestad) böse auflaufen, bringt denvon einem Schlaganfall zum Schweigen gebrachten Asbjorn (PerSchaarning) mittels Alkohol zum Reden, und lädt die eingebildeteKranke Lillemor (Kari Simonsen) zum «Russischen Roulette» ein. Dabeiist der renitente Geirr eigentlich ein ganz netter Typ. Jemand, derJohnny Cash liebt, kann ja auch kein ganz schlechter Mensch sein.

Das gut 80-minütige Psychoduell nimmt schnell an Fahrt auf, hälteinige Schockmomente für den Zuschauer bereit, obwohl Bard Breiensich in seinem Debütfilm letztlich weniger am radikalen Dogma-Stilvon Lars von Trier («Idioten») als vielmehr an der sanft verrücktenWelt der «Elling»-Filme orientiert. Es kommt hier niemals zumÄußersten, auch wenn Blut und Tränen fließen und Geirrs Frau sich aufeinen freudlosen Seitensprung einlässt. Fazit des kurzweiligenExperiments: man muss nicht perfekt sein, man kann auch schlechtgelaunt, sarkastisch, bissig und voller Selbstmitleid durchs Lebengehen, denn dies ist nur allzu menschlich.