Kinostart: 18. März Kinostart: 18. März: Der Kinofilm «Passion Christi» von 2003

Hamburg/dpa. - Selten hat ein religiöser Film schon vor demKinostart so viele Schlagzeilen und Proteste provoziert wie «DiePassion Christi» von Hollywoodstar Mel Gibson. Blutrünstig, grausamund antisemitisch sei der Film, lauten die Kernvorwürfe. Zudemverkürze das zweistündige, ab 16 Jahre frei gegebene Werk theologischdie Botschaft der Bibel. In Nordamerika stürmte das Epos widerErwarten an die Spitze der Kinocharts und hat bereits weit mehr als200 Millionen Dollar eingespielt.
Der konservative Katholik Gibson (48), der eine Lebenskrise mitHilfe des Glaubens überwunden hat, zeigt in seinem Film die letztenzwölf Stunden Jesu. Grundlage bildet die Darstellung der Evangelien.Unreflektiert nacherzählt wird die Gefangennahme, der Prozess, dieFolterungen, die Kreuzigung, der Kreuzestod und die AuferstehungChristi. Die Schauspieler sprechen Latein und Aramäisch, Sprachen,die zur Zeit Jesu in Palästina gesprochen wurden. Nur Kernszenen -meist Bibel-Zitate - sind untertitelt.
Die Filmsprache von Gibsons Passionsspiel ist drastisch. DerZuschauer leidet im Kinosessel mit. Blut spritzt, Jesus wird inlangen Szenen gefoltert, gekreuzigt - in Nahaufnahme, in Zeitlupe,unterlegt mit röchelndem Atem. Besondere Wirkung kommt dem Soundtrackzu: Choräle, auch Geigen und Flöten, meist aber bedrohlichesStakkato. Wenn Jesus mit der «neunschwänzigen Katze» ausgepeitschtwird, zuckt der Besucher im Kinosessel zusammen. Zimmermannsnägelwerden durch die Hände Jesu und das Holzkreuz unter wuchtigen,akustisch kaum erträglichen Schlägen getrieben.
Neben den für einen Bibelfilm beispiellos brutalen Gewaltszenenzeigt Gibson Szenen am Rande eines frömmelnden Kitschs: Jesus alsguter Zimmermann gibt zu Hause im Garten seiner Mutter Maria einKüsschen auf die Wange. Nach dem Kreuzestod schwenkt dieKameraperspektive vom Kreuz hinauf zum Himmel. Eine Träne fließt vonoben als würde Gottvater weinen. Hieraus entsteht dann das biblischüberlieferte Unwetter und Erdbeben. Übertrieben auch, wie Christusnach der Auferstehung in der letzten Sequenz im Grab neben abgelegtenTodesbinden perfekt gestylt mit wieder makellosem Antlitz gen Himmelschaut.
Gibson bezieht sich mit seiner naturalistischen und realistischenBildsprache auf die religiösen Gemälde großer Meister wie denitalienischen Renaissance-Maler Caravaggio (1573-1610). Der vier Malfür den Oscar nominierte Kameramann Caleb Deschanel («Der Patriot»)nutzt gezielt den Kontrast von Hell und Dunkel, um eine besonderespirituelle Ausstrahlung zu erzielen. Manche Filmbilder erinnern auchan düstere Malereien von Caspar David Friedrich: Dunkle Wolken hängendrohend über Golgatha, im Garten Gethsemane wabern nächtliche Nebelim Mondlicht - und Jesus perlt der Angstschweiß im Antlitz.
Der theologische Ansatz von Gibson ist eine zentrale Schwäche desFilms. Das Wort des Propheten Jesaja «Durch seine Wunden sind wirgeheilt» (Jes 53,5) missversteht Gibson, indem er in einer«Schmerzensmann Frömmigkeit» badet, die «alles Gewicht auf dieÄußerlichkeit des Leidens Jesu legt», kritisiert die evangelischeKirche. Dabei ging es darum, dass Jesus die Menschen von der Sündeder Gottesferne erlöste.
Neben einem theologisch angreifbaren Ansatz bedient Gibson sichfragwürdiger jüdischer Stereotypen. Die Hohen Priester und derjüdische Mob werden durchweg negativ gezeigt, so dass die theologischlängst überwundene Sicht der Juden als «Gottesmörder» bei schlichtenGemütern reanimiert werden könnte. Antisemitische Sequenzen imengeren Sinne weist der Film allerdings nicht auf, auch wenn etlichejüdische Organisationen - darunter der Zentralrat der Juden - Gibsonvorhalten, antisemitische Klischees zu bedienen.
