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Kinostart 15. April Kinostart 15. April: «Coco Chanel & Igor Stravinsky» - Bildschön aber blutarm

Von Ulrike Cordes 08.04.2010, 09:39
«Coco Chanel & Igor Stravinsky» - statt Beifall erntet Igor (Mads Mikkelsen) für die Uraufführung seines Balletts »Le sacre du printemps« nur Buhrufe. Einer Besucherin aber, Coco Chanel (Anna Mouglalis), gefällt das Ballett. (FOTO: DPA)
«Coco Chanel & Igor Stravinsky» - statt Beifall erntet Igor (Mads Mikkelsen) für die Uraufführung seines Balletts »Le sacre du printemps« nur Buhrufe. Einer Besucherin aber, Coco Chanel (Anna Mouglalis), gefällt das Ballett. (FOTO: DPA) dpa-Film

HAMBURG/DPA. - Man spricht viel Russisch in diesem Film. Derdänische Star Mads Mikkelsen hat die Sprache extra gelernt, um alsmännliche Titelfigur Dialoge mit Ehefrau Ekatarina (Elena Morozowa)und der Tänzertruppe Ballet Russe authentisch zu bewältigen. Außermit dieser Besonderheit besticht Jan Kounens mehr oder wenigerbiografisches Liebesdrama «Coco Chanel & Igor Stravinsky vor allemdurch aufwendiges Ambiente mit geschmackvollst gestaltetenInnenräumen, Kleidern und Autos vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Dazupasst, dass die Darstellerin der legendären Modeschöpferin CocoChanel, Anna Mouglalis, eben nicht nur Schauspielerin (Chabrols«Süsses Gift», 2000) ist, sondern auch Model für deren heute von KarlLagerfeld geleitetes Couture-Haus.

Was der 45 Jahre alte Regisseur Kounen («39,90», 2007) mit seinerGeschichte über die Affäre zweier revolutionärer Kulturgeniesallerdings aussagen will, bleibt dabei so seltsam eindimensional wiedie mimischen Leistungen der beiden Hauptakteure. Fast könnte manmeinen, der Film sei im Wesentlichen ein Schachzug, um reicherussische Kunden des Luxus-Labels zu umschmeicheln. «Coco Chanel &Igor Stravinsky» nach dem Roman (2002) von Chris Greenhalgh ist nichtgehaltvoller geraten als Anne Fontaines Hommage «Coco Chanel - DerBeginn einer Leidenschaft» vom vergangenen Jahr: Jene Kinoversion vomfrühen Werdegang der Mode-Ikone war ebenfalls so bildschön anzusehenwie blutarm. Beide Produktionen wurden von Lagerfeld mit Rat und Tat,alten und neuen Kleidern unterstützt.

Förmlich mit einem Paukenschlag beginnt es: Laute, dissonanteOrchesterklänge, ein buntes Natur-Bühnenbild und wild stampfendeTänzer in Eingeborenen-Kostümen werden hier regelrecht zelebriert.Mit viel Mühe und Liebe zum Detail rekonstruieren Kounen und nichtzuletzt Kameramann David Ungaro die skandalbegleitete Uraufführungvon Stravinskys Ballett «Le sacre du printemps» 1913 in Paris. Imschockierten, laut protestierenden Belle-Epoque-Publikum sitzt aucheine schlicht-elegant gekleidete junge Frau, die von der Aufbruchverheißenden Aufführung begeistert ist: Gabrielle Chanel, genanntCoco, Hutmacherin aus ärmsten Verhältnissen.

Als sie den Komponisten sieben Jahre später trifft, ist sie dankihrer gewagt-funktionalen Jerseykleider, Damenhosen und flachenSchuhen reich und berühmt, er hingegen ein auf Unterstützungangewiesener Familienvater. Coco lädt das Ehepaar und seine vierKinder ein, sich in ihrem schwarz-weiß eingerichteten Landhaus zuerholen.

Was in beider wahrer Leben ein Intermezzo war, pumpt der Spielfilmauf zum zweistündigen Melodram über Kunst und Leidenschaft, Liebe undVerantwortung. Vor allem die kreativen Schübe, die beide durch ihreverbotene, in expliziten Sex-Szenen vermittelte Passion erfahren,werden dick aufgetragen: Sie entwirft jetzt russisch inspirierteKleider und arbeitet eifrig an ihrem avantgardistischen Parfüm Nr. 5.Er komponiert Kühnes. Die an Tuberkulose erkrankte Frau Stravinskybeginnt verzweifelt, um ihren Gatten zu kämpfen. Ganz am Ende bleibenden beiden nunmehr alten, einsamen Hauptbeteiligten nur ihreErinnerungen.

Abgesehen von der Grobmaschigkeit des - ebenfalls von Greenhalghverfassten - Drehbuchs enttäuschen hier vor allem Mouglalis (31) undder sonst so großartige ehemalige Dogma-Filmmime Mikkelsen (44, «OpenHearts», 2002, «Casino Royale», 2006): Wenn Mouglalis schön,schwanenhälsig und geschmeidig durch die Räume schreitet, lässt sienur wenig vom kraftvoll-zwiespältigen Charisma der Self-made-FrauChanel spüren. Und Mikkelsen bleibt konsequent bei einem ernst-introvertierten Ausdruck hinter seiner Intellektuellenbrille.