Kino Kino: Vom Buch zum Film

Hamburg/dpa. - Zwar mussten die Filmemacher auf dem Weg vom 566 Seitendicken Buch hin zu weniger als zwei Stunden Kino viele herrlicheDetails über Bord werfen, doch insgesamt fängt «Tintenherz» auch aufder Leinwand das Abenteuer und die Kreativität des Bestsellers ein:Ein Geburtstagsgeschenk für Funke, die die Entwicklung des Filmes alseine der Produzenten selbst in die Hand genommen hat und einen Tagvor dem Kinostart 50 Jahre alt wird.
Es geht im Kern der Geschichte um leidenschaftliche Leser, derenBegeisterung für Bücher auf fantastische Weise tatsächlich in denLauf der Welt eingreift. Denn Mortimer, der Vater des MädchensMeggie, hat die Gabe, beim Lesen Menschen und Dinge aus denGeschichten tatsächlich in der Realität entstehen zu lassen.
Einst hat er aus einem Buch namens «Tintenherz» vorgelesen - mitfatalen Folgen. Denn der Schurke Capricorn geriet mit seinemMesserstecher Basta aus der «Tintenwelt» in unsere Zeit, wo er purenTerror verbreitet. Mit ihnen wurde auch der Feuerspucker Staubfingerverpflanzt, der seitdem von Heimweh getrieben die Rückkehr zu seinerFamilie zwischen den Papierseiten ersehnt.
Schwer wiegt der Preis der «Zauberzungen»-Fähigkeit auch für Mound seine Tochter, denn Meggies Mutter Reza verschwand gleichsam imTausch in der «Tintenherz»-Geschichte. Nun gilt es, Capricorn undseine Bösewichte aus einem finsteren Dorf in Ligurien in ihreBuchwelt zurückzuschicken und alles wieder in Ordnung zu bringen.Unter Lebensgefahr gelingt das nur mit viel Mut - und mit der Kraftder richtigen Worte.
Schon vor Jahren hatte Funke beim Schreiben des ersten Bandesihrer Trilogie den Hollywood-Star Brendan Fraser als Vorbild für dieFigur des Mortimer (Mo) im Kopf. Fraser («Die Mumie») sprach dann dieamerikanische Fassung des Hörbuchs ein. Für den Film ist es einGlücksfall, dass der Schauspieler, der längst zu den engsten Freundender in Los Angeles lebenden Cornelia Funke zählt, die Rolle der«Zauberzunge» jetzt auch im Kino spielen kann.
Die anderen Hauptrollen wurden ebenso glänzend besetzt: Eliza HopeBennett (16) ist als Meggie ein ganz normales Mädchen mit einemFaible für gute Geschichten. Der britische Star Paul Bettany verleihtStaubfinger, für viele die schönste und poetischste Figur des Buches,die Sehnsucht und Verletzlichkeit eines großen tragischen Helden. AlsSahnehäubchen des Aufgebots versprüht Oscar-Gewinnerin Helen Mirrenals Tante Elinor zickige Tatkraft.
Regisseur Iain Softley hat das Drehbuch zupackend umgesetzt undzeigt sich auch beim Umgang mit digitalen Effekten voll auf der Höhe.Das Monster namens «Schatten» wird ebenso lebendig wie ein Sandsturmaus der Wüste. Überraschend für Buchfans sind jene Abweichungen vomText, die die Umsetzung der Worte in Bilder kunstvoll unterstützen -die Buchstaben zum Beispiel, die jenen Menschen auf die Hauttätowiert sind, die von einem Vorlesestümper namens Darius fehlerhaftaus der «Tintenwelt» in Capricorns Dorf beschworen wurden.
Funkes literarische Mischung aus trickreicher Erzählkunst undatemloser, schwebender Spannung muss im Kino jedoch leiden. Tempo undAction dominieren die Szene, da gerät vor allem der Showdown etwashektisch. Die wahre Magie des Lesens kann sich doch nur beim Lesenselbst entfalten und nicht auf der Leinwand.