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Jugendsinfonieorchester Sachsen-Anhalt Jugendsinfonieorchester Sachsen-Anhalt: In jedem Takt schwingt die Freude am Musizieren

Von Ute van der Sanden 14.09.2007, 17:55

Halle/Remagen/MZ. - Ohne seinen Leiter, der mit Erfahrung, Sachverstand und Enthusiasmus zu Werke ging, wäre das Jugendsinfonieorchester Sachsen-Anhalt nicht geworden, was es heute, 15 Jahre später, ist. "Ich freue mich schon wieder auf meine Kinder", merkt Beissel, derweil er in Remagen, wo er lebt, auf den Rhein blickt, an die Probe am Sonntag denkt und an das Konzert am Montag in der Händel-Halle.

Hier wird das Jugendsinfonieorchester mit seinem aktuellen Sommerprogramm das 12. Jugendmusikfest anstimmen. Nicht zufällig heißt das Festival wie sein Eröffnungskonzert: "Kein schöner Land" offeriert eine Europatournee von "Finlandia" und "Böhmens Hain und Flur" über "Die Meistersinger von Nürnberg" und "Ruslan und Ludmilla" bis hin zum krönenden "Kaiserwalzer".

In jedem Takt schwingen die Freude am Musizieren, der gute Kontakt zum Ensembleleiter - und die fachliche Höhe der vorausgegangenen Probenarbeit. Probenphase beim Jugendsinfonieorchester, das heißt: Wer anreist, hat seine Stimme drauf. Drei mal drei Stunden wird täglich probiert, zunächst unter Anleitung der Tutoren, zehn Tage lang. Ferientage eigentlich.

Dann die Konzerte. Und das zweimal im Jahr. Nebenher, staunt der Orchesterleiter, "spielen sie noch Kammermusik". Probenphase heißt also auch: intensive Lebenszeit. Der Beginn wunderbarer Freundschaften. Entscheidungshilfe für oder gegen den Musikerberuf, nach ein paar Jahren in diesem Orchester oft dafür.

Und Beissel tut alles, damit seine 90 jungen Leute - Schüler zumeist, aber auch Studenten - dabeibleiben. Er ist überzeugt: "Würden wir hier nur Wiener Klassik spielen, säßen wir irgendwann allein in der Probe. Sie alle wollen nur eines: mit einem Packen Erfahrung nach Hause fahren."

Deshalb die großen Pläne. In zwei Jahren die dritte Sinfonie von Mahler, ja, "die können das!", danach bald Strawinskys "Sacre". Deshalb die Reisen. Schon zweimal traten die 13- bis 23-Jährigen im Großen Saal des Wiener Musikvereins auf, fuhren nach Frankreich, durch Deutschland. Und deshalb auch die jährliche Fördersumme von 70 000 Euro vom Land. Stundenlang könnte Beissel von der Arbeit mit den Mädchen und Jungen erzählen, er schwärmt von "unglaublicher Disziplin während der Proben", von Hingabe bis zur physischen Selbstüberforderung, und "dass sie abends so präzise sein können, so sehr wollen", sei "eine herrliche Erfahrung". Je genauer man ihnen die großen Orchesterpartituren vermittle, desto stärker das Interesse. Mehr Vergnügen als Arbeit sei ihm das. Wiewohl "Arbeit immer mein Lebensinhalt war", sagt Heribert Beissel, und dass er Sport treibe und kerngesund sei.

Damit will er dem Orchesternachwuchs Sachsen-Anhalts noch mindestens zwei Jahre erhalten bleiben; die Verantwortung für seine mögliche Nachfolge weist der Mittsiebziger strikt von sich. Solcher Professionalität ist nicht zuletzt der gute Ruf des Jugendsinfonieorchesters zu danken: Auch am nächsten Programm sind wieder Musiker aus anderen Bundesländern beteiligt.

In Kooperation mit der Opernwerkstatt Schloss Rheinsberg wird eine romantische Operngala einstudiert. Nein, nicht nur Mozart. "Wenn man", versichert Beissel, "einmal die ,Salome' von Strauss gespielt hat, ist einem vor nichts mehr bange."