John Mayall in Leipzig John Mayall in Leipzig: Die Technik bremst den ewigen Blues
Leipzig/MZ. - Der Ruf der Bluesharp wird empfangen, nicht mehr so wie in den 60ern zwar, als John Mayall zu seinem Kreuzzug aufbrach und jeder britische Gitarrenhalter in seinen Windschatten einschwenkte, aber immerhin noch in guter Mannschaftsstärke und im festen Glauben an die Verbindlichkeit des zwölftaktigen Akkordgerüstes. Der Blues ist der Blues ist der Blues. Aus dieser Endlosschleife ist die Rockmusik gewachsen mitten hinein in die Seelen der jeweils Jungen. John Mayall wird in diesem Jahr 70, aber eigentlich ist er wie der Blues eine Instanz ohne Alter. Und so steht er gleich am Eingang hinterm Tisch und bringt seine neue Platte unter die Leute. Oder versucht es zumindest, denn die Leute sind abgelenkt. Abgelenkt von Todd Wolfe. Der New Yorker Gitarrist beherrscht mit seinem Trio als einer der zahllosen Wiedergänger der damals losgetretenen Bewegung die Bühne und macht genau das, was so einer machen muss: Ein magisches Dreieck, das laut, harsch und kantig durch die immer gleichen Muster treibt.
Man denkt an Cream, Fleetwood Mac oder ZZ-Top, und alles hat mit John Mayall zu tun. Aus dessen Bluesbreakers sind sie allesamt hervorgegangen. Der Schoß ist fruchtbar noch, und die Stimmung stimmt. Alles hätte gut sein können an diesem Abend, doch eine hilflos überforderte Technikcrew legt Bremsklötze. Die vorgeheizte Audienz kühlt nach einer unanständig langen Umbaupause herunter. Später dann gibt es eine viel zu laute Orgel, einen tobenden Schlagzeuger und einen verärgerten Vater des weißen Blues.
Wenn er singt, hebt er den Zeigefinger, wenn er die Harp bläst, senkt er den Kopf, am E-Piano lässt er die Töne tröpfeln und als Gitarrist ist er das exakte Gegenteil eines Virtuosen. Aber darum geht es nicht. Es geht um Authentizität, es geht um diese Musik, die nicht sterben kann, weil sie nicht sterben darf. Lehrmeister Mayall hat die zigste neue Mannschaft um sich geschart. Der Gitarrist Buddy Whittington und der fabelhafte Orgelspieler Tom Cannings sind wieder genau die Richtigen.
Als es mit dem Sound überhaupt nicht mehr klappen will, lassen sie sich von ihrem Meister wegschicken. Der gibt allein den Boogie Woogie Man. Ursprünglich, schlicht und ergreifend. Schnee von gestern? Höchstens ein ganz kleines Bisschen.