Joachim Seyppel Joachim Seyppel: Sein Motto: Ich bin kein kaputter Typ

Halle (Saale)/MZ. - Aus der DDR-Literaturgeschichte ist Joachim Seyppel nicht fortzudenken, obwohl er nur neun Jahre in der DDR lebte: von 1973 bis 1982. Angekommen von Westberlin her als ein naiver Wessi und ausgebürgert als ein des Besseren belehrter Ossi. Von Dieter Noll ("Die Abenteuer des Werner Holt") war Seyppel in die DDR-Literaturgeschichte nicht hineingeschrieben, sondern hineindiffamiert worden. Im Mai 1979 hatte Noll im "Neuen Deutschland" einen Offenen Brief an Erich Honecker veröffentlicht. "Einige wenige kaputte Typen wie Heym, Seyppel oder Schneider", hieß es, "die da so emsig mit dem Klassenfeind kooperieren, um sich billige Geltung zu verschaffen..." Im Juni wurde Seyppel mit sechs weiteren Autoren aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen, 1982 der DDR verwiesen, in die er wohl unter Vorbehalt gezogen war: Seine Kinder lebten stets in Westberlin, als wüssten sie, dass das nicht gut gehen könnte mit ihrem Vater und dem Osten.
Joachim Seyppel, Jahrgang 1919, in Berlin geborener Erzähler und Germanist, zu zehn Monaten Haft wegen Wehrkraftzersetzung verurteilt, 1945 aus der Gefangenschaft heimgekehrt. Uni-Lehrtätigkeit in den USA, Hauptwohnsitz Westberlin, dann neun Jahre DDR. Ein Grenzgänger, Lebensbejaher, Realist. 1982 veröffentlichte er seine DDR-Erinnerungen "Ich bin kein kaputter Typ". Das war er beileibe nicht. Am Dienstag starb Joachim Seyppel in einem Pflegeheim in Wismar, wie sein Sohn Jonas mitteilt. Er wurde 93 Jahre alt. FOTO: DPA