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Jo Jastram Jo Jastram: Mit 80 noch unermüdlich an der Arbeit

Von Gabriele Struck 03.09.2008, 08:12
Der Bildhauer Jo Jastram steht in seinem Garten in Kneese (Nordvorpommern) neben seiner Plastik «Schreiender Hengst». Jo Jastram ist einer der bekanntesten Bildhauer in Deutschland und feiert am 04. September 2008 seinen 80. Geburtstag. Viele seiner Arbeiten sind als Plastiken in Parks, Fußgängerzonen oder an Brunnen in seiner Geburtsstadt Rostock zu sehen. (Foto: dpa)
Der Bildhauer Jo Jastram steht in seinem Garten in Kneese (Nordvorpommern) neben seiner Plastik «Schreiender Hengst». Jo Jastram ist einer der bekanntesten Bildhauer in Deutschland und feiert am 04. September 2008 seinen 80. Geburtstag. Viele seiner Arbeiten sind als Plastiken in Parks, Fußgängerzonen oder an Brunnen in seiner Geburtsstadt Rostock zu sehen. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Kneese/dpa. - «Immer wollen alle wissen, wie ich den Ball von dem Köter soschön rund bekommen habe. Das ist ein ganz großes Geheimnis», erzähltJastram schelmisch. Und kann es kaum erwarten, die Antwort zuliefern. «Da habe ich einen Gymnastikball abgegossen.»

Jo Jastram, einer der bekanntesten und wichtigsten deutschenBildhauer, wird am 4. September 80 Jahre alt. Vor allem imöffentlichen Raum hat er Spuren hinterlassen, die meisten in seinerGeburtsstadt Rostock. Der «Brunnen der Lebensfreude» amUniversitätsplatz, eine Gemeinschaftsarbeit mit Reinhard Dietrich,ist ein markanter Treffpunkt für Einheimische und Touristen. Bekanntsind auch der «Fischerbrunnen» in Greifswald sowie die Paul-Pogge-Büste und «Kaspar Ohm», die Romanfigur des niederdeutschen AutorsJohn Brinkman in Rostock. Die «Afrikanische Reise» im Stadthafen istfür Jastram eine der wichtigsten Arbeiten. 21 Jahre lang hat er ander Figurengruppe gearbeitet. Viele Varianten gibt es, in denen erEindrücke während der Schaffung eines Karl-Marx-Denkmals in ÄthiopienAnfang der 1980er Jahre und späterer Afrika-Reisen verarbeitet hat.

Der Vorsitzende des Landes-Künstlerbundes Sven Ochsenreither istfroh, dass das Jubiläum des Bildhauers so viel Aufmerksamkeit erregt.«Jo Jastram ist ein großer Künstler. Seine Bekanntheit macht nichtnur Mecklenburg-Vorpommern bekannt, sondern auch auf die nahezu 400Künstler im Land aufmerksam. Seine Popularität hat Jastram immergenutzt, um Kollegen zu unterstützen.»

«Ich habe in und mit der DDR gelebt», sagt Jastram. Er sei einpolitisch denkender Mensch, der sich von den SED-Genossen nie hatvereinnahmen lassen, dem die künstlerische Aussage immer wichtigerwar als die politische. Als Brunnenbauer hat Jastram nicht nurZustimmung erfahren. Sein erster Brunnen für Rostock 1962 sorgte fürheftige Diskussionen. Als durchbrochenes Sandstein-Relief zeigt erdie vielfältigen Beziehungen des Menschen zum Wasser. Zu dieser Zeitwar die Formalismusdebatte im Gange. Künstler sollten demsozialistischen Realismus huldigen. Jastrams Figuren genügten diesemAnspruch nicht, hieß es. Zeitgleich beherrschte in Westdeutschlandder Contergan-Skandal die Medien. «Man hat meine Figuren mit denOpfern verglichen», erinnert sich der Künstler. «Als Walter Ulbrichtzur Ostsee-Woche in Rostock weilte, wurde um meinen Brunnen eineMauer gebaut.»

1975 übernahm Jastram als Nachfolger von Otto Niemeyer-Holsteinden Vorsitz der Ostsee-Biennale, deren Austragungsort die KunsthalleRostock war, der einzige Museumsneubau für zeitgenössische Kunst inder DDR. Ein Höhepunkt in seinem Schaffen nach der Wende war dieAusstellung im Bundeskanzleramt 2003 anlässlich seines 75.Geburtstags. Altbundeskanzler Gerhard Schröder ist ein Fan desBildhauers, den er anlässlich einer Sommerreise durch Mecklenburg-Vorpommern in seinem Atelier besuchte. «Insbesondere seineGeradlinigkeit und seine Klarheit haben Eindruck auf mich gemacht»,erinnert sich Schröder heute. Er besitzt zwei Jastrams, darunter eineArbeit aus der Afrika-Serie.

Auch mit 80 ist für Jo Jastram ein Leben ohne Modellieren,Klopfen, Schleifen oder Patinieren undenkbar. Seine Bronze-Artistensollen spätestens im Frühjahr 2009 den Ribnitzer Hafen zieren. FürJastram ist die Arbeit mehr als ein öffentlicher Auftrag. EinDankeschön an den Kreis, der ihm seit 1972 sein Zuhause gegeben hatund der sein Werk seit dem 8. August im Kunstkaten Ahrenshoop miteiner Jubiläums-Ausstellung würdigt.

Jastram lebt mit der Grafikerin Inge Jastram in Kneese(Nordvorpommern). «Sie hat ein eigenes ¼uvre geschaffen und die Wegefür mich frei geackert», sagt er. Stolz ist er auch auf seine vierKinder. Zwei von ihnen, Tochter Suse Rast und Sohn Jan Jastram sindebenfalls Bildhauer.