Jazz Jazz: Schmusesongs von Norah Jones in München

München/dpa. - Silberne und goldene Pappsterne deuten einen künstlichen Himmel an, im Hintergrund hängen rote Stoffbahnen - an diesem Montagabend herrscht in der Münchner Olympiahalle eineAtmosphäre wie bei einem Weihnachtskonzert in der Schulaula. EinEindruck, der auch bleibt, als Norah Jones, Star des Abends und eine der erfolgreichsten Sängerinnen der vergangenen Jahre, auf die Bühne kommt. Als wolle sie nicht auffallen, schleicht die zierliche New Yorkerin in einem Sommerkleid herein. Ein schüchternes Lächeln insPublikum, dann stimmt die 28-Jährige auf einer Gitarre «Come AwayWith Me» an - eine Aufforderung an die rund 4300 Zuschauer, sich inden folgenden 90 Minuten von ihr entführen zu lassen. Ohne vielTamtam - dafür mit einer bezaubernden Stimme.
Anfangs scheinen die Fans in der Olympiahalle noch etwasverhalten. Bei den ersten beiden langsamen Liedern wird höflichgeklatscht, auch als Jones ankündigt, nun Songs ihres neuen Albums«Not Too Late» spielen zu wollen. «Oh, immerhin eine Person hatgeklatscht, danke», kontert Jones mit einer charmantenSchlagfertigkeit, die man der Tochter des indischen SitarspielersRavi Shankar nicht unbedingt zugetraut hätte. Die zehnfache Grammy-Preisträgerin benötigt nicht viele Worte, um das Eis zwischen sichund dem Publikum zu brechen. Die Herzen der Münchner Fans erobert sieendgültig, als sie verrät, am Vorabend in einem «Beergarden» gesessenund reichlich getrunken zu haben. «Ich merke das immer noch», scherztdas musikalische Multitalent.
Immer wieder trockene und pfiffige Kommentare und dann dieplötzliche Wandlung zu der zerbrechlich wirkenden, anrührendenSängerin, der es mit ihren Schmusesongs gelingt, selbst in derriesigen Olympiahalle eine intime Wohnzimmeratmosphäre zu erzeugen.Die Handsome Band, die sie begleitet, hält sich im Hintergrund.Nichts soll von Jones' Stimme ablenken. Und doch tragen die vierausgebildeten Jazz-Musiker erheblich zur Wirkung der spartanischarrangierten Songs zwischen Jazz, Country und Pop bei. Wie Jonesselbst spielen die meisten Bandmitglieder mehrere Instrumente,darunter auch eher konzertuntypische wie Xylofon, Querflöte undKontrabass.
Untermalt von den Klängen eines Glockenspiels verzückt diestudierte Jazz-Pianistin dann allein am Klavier sitzend ihre Fans mit«My Dear Country», einem ihrer neuen Titel. Neben den neuestenLiedern von «Not Too Late», ihrem ersten komplett selbst komponiertenWerk, singt Jones auch bekannte ältere Hits wie «Sunrise». Als Zugabespielt sie dann noch ihren ersten Charterfolg «Don't Know Why» vomDebütalbum «Come Away With Me», mit dem ihr 2002 der internationaleDurchbruch gelungen war. Dabei hält es die Fans im Innenraum nichtmehr auf ihren Sitzen. Mit «Long Way Home», einem gecoverten Song vonTom Waits, entlässt Jones die Besucher in eine sternenklare Nacht.Norah Jones in einem Open-Air-Konzert wäre an diesem lauenSommerabend noch ein kleines bisschen schöner gewesen.
(Weitere Termine: Hamburg (7.8.), Berlin (8.8.), Düsseldorf (20.8.))