Interview mit Clemens Birnbaum Interview mit Clemens Birnbaum: Zwangspause für Händel

halle/MZ - Die Entscheidung war befürchtet worden, löste jedoch große Betroffenheit - aber auch Verständnis bei Clemens Birnbaum aus, dem Intendanten der Händel-Festspiele Halle: Das Festival, das am Donnerstag eröffnet werden sollte, ist am Dienstag von Oberbürgermeister Bernd Wiegand wegen des Hochwassers abgesagt worden. Mit Clemens Birnbaum sprach unser Redakteur Andreas Montag.
Herr Birnbaum, wie ist Ihnen jetzt zumute?
Birnbaum: Wir müssen zuerst über die Situation in Halle sprechen. Sie ist so angespannt und bedrohlich, obendrein weiß man nicht, wohin das noch führen kann. Ich habe ein tiefes Mitgefühl mit allen, die in Gefahr durch das Hochwasser sind.
Das zweite ist: Es wäre schwer oder gar nicht vermittelbar, in solch einer Lage ein großartiges Fest feiern zu wollen. Dass ich die Absage gleichwohl bedaure, versteht sich von selbst. Ich bin traurig, dass wir nicht feiern können. Aber wie könnten wir feiern, wenn nebenan andere Menschen von einer Katastrophe bedroht sind?
Rechnen mit dem Verständnis Ihres Publikums?
Birnbaum: Ich hoffe darauf. Händel selber, der auch empathisch sein konnte, hätte die Entscheidung verstanden, denke ich.
Was beschäftigt Sie im Moment am stärksten?
Birnbaum: Wir haben alle Hände voll mit der Kommunikation nach draußen zu tun, müssen die verpflichteten Künstler erreichen, mehr als 1.000 Mitwirkende sollten es insgesamt sein.
Und wie geht es jetzt praktisch weiter?
Birnbaum: Fragen Sie mich nicht nach Konsequenzen! Aber wer seine Karte für die Händel-Festspiele bezahlt hat, der hat natürlich Anspruch darauf, sein Geld zurückzubekommen. Es wird gegen Vorlage der originalen Tickets erstattet, sofern die Ansprüche bis zum 8. Juli angemeldet werden. Karten werden an der Vorverkaufsstelle erstattet, an der sie erworben wurden. Wer sie über ticketonline und eventim gekauft hat, bekommt sein Geld über ein Stornierungsformular zurück, das auf der Internetseite der Händel-Festspiele zu finden ist. Das Formular muss zusammen mit den Originaltickets eingeschickt werden. Und schließlich kann man die Karten auch bis zum 18. Juni im Gästebüro des Händel-Hauses erstattet bekommen, täglich von 10 bis 18 Uhr.
Im Übrigen wäre ich nicht traurig, würde dieser oder jener Karteninhaber auf die Erstattung verzichten - als Solidarbeitrag dazu, dass die Händel-Festspiele weiter veranstaltet werden können.
Sie denken an die Kosten, die durch den Ausfall entstehen?
Birnbaum: Es wird ein großer Schaden, ohne Zweifel. Hoffentlich kein Millionenschaden. Immerhin haben wir aber auch etwas Erfreuliches zu vermelden: Aus Göttingen und Karlsruhe, den anderen Austragungsorten von Händel-Festspielen in Deutschland, haben uns schon Nachrichten erreicht, in denen uns die Kollegen ihr Mitgefühl zum Ausdruck bringen und Hilfe anbieten.
Das sind gute Zeichen - zumal angesichts der Konkurrenz in der Händel-Pflege zwischen den beiden Städten und uns, die lange beschworen worden ist.
Besorgt es Sie, dass jemand auf die Idee kommen könnte, den Ausfall der Festspiele als Maß zu nehmen und Händel in Halle künftig nur alle zwei Jahre zu feiern?
Birnbaum: An so etwas kann und will ich jetzt nicht denken. Sicher ist: Wir hätten gute Festspiele gehabt, sehr gute sogar. Das Programm war hervorragend. Und wir hatten im Voraus mehr Karten verkauft als in früheren Jahren. Daran werden wir anknüpfen, wenn die Folgen des Hochwassers beseitigt sein werden, das uns jetzt in Anspruch nimmt.
Und ich hoffe wirklich sehr, dass die Entscheidung zur Absage der Händel-Festspiele auch von jenen Menschen mitgetragen wird, die jetzt nicht unmittelbar von dem Unglück betroffen sind.
