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Interview Interview: Gerhard Polt: «Ich bin mit keinem meiner Filme zufrieden»

21.03.2004, 17:42
Kabarettist Gerhard Polt, aufgenommen in Fürth (Foto vom 04.02.02). Polt meldet sich zurück auf der Leinwand. 13 Jahre nach seinem Film «Herr Ober» bringt der Münchner Kabarettist seine Historien-Satire «Germanikus» ins Kino. Polt gibt darin einen listigen Sumpf-Bavaren, der als Sklave in die Ewige Stadt verschleppt wird und es dort zum Kaiser des Römischen Reiches bringt. (Foto: ddp)
Kabarettist Gerhard Polt, aufgenommen in Fürth (Foto vom 04.02.02). Polt meldet sich zurück auf der Leinwand. 13 Jahre nach seinem Film «Herr Ober» bringt der Münchner Kabarettist seine Historien-Satire «Germanikus» ins Kino. Polt gibt darin einen listigen Sumpf-Bavaren, der als Sklave in die Ewige Stadt verschleppt wird und es dort zum Kaiser des Römischen Reiches bringt. (Foto: ddp) ddp

Berlin/ddp. - Gerhard Polt meldet sich zurück auf der Leinwand. 13 Jahre nach seinem Film «Herr Ober» bringt der Münchner Kabarettist seine Historien-Satire «Germanikus» ins Kino. Polt gibt darin einen listigen Sumpf-Bavaren, der als Sklave in die Ewige Stadt verschleppt wird und es dort zum Kaiser des Römischen Reiches bringt. ddp-Korrespondent Bernhard Blöchl sprach mit dem 61-Jährigen über die prominent besetzte Komödie, deren Start aufgrund technischer Probleme und Meinungsverschiedenheiten mehrmals verschoben wurde.

ddp: Ihre bisherigen Filme spielen alle in der Gegenwart. Was hat Sie daran gereizt, einen historischen Film zu drehen?

Polt: Mir war klar: Wenn ich mich ins Römische Reich versetze, kann ich viel drastischer erzählen, weil ich nicht authentisch sein muss. Ich wollte nicht historisch präzise sein. Die Kulisse erlaubte mir Freiheiten, die ich sonst nicht gehabt hätte. Was ich damals nicht wusste: Historische Begebenheiten werden in deutschsprachigen Filmen relativ selten aufgegriffen. Mir wurde gesagt, dass das römische Milieu in Deutschland überhaupt noch nie thematisiert wurde. Es ist der erste deutsche Film, der so etwas macht.

ddp: Wie kamen Sie darauf, die Geschichte eines Sumpf-Bavaren zu erzählen, der als Sklave nach Rom verschleppt wird?

Polt: Die Idee hatte ich schon vor fünf oder sechs Jahren. Als ich über Sklaverei nachgedacht habe, wurde mir klar, dass die Menschheit immer Sklaven hatte. Sklaverei war etwas Normales - bis zur Französischen Revolution sowieso, aber auch danach. Es ist verrückt, sich vorzustellen, dass sich Menschen verinnerlicht haben, ein Mensch sei kein Mensch, sondern ein Gegenstand, ein Möbel. Ein Mensch hat den gleichen Stellenwert wie ein Stuhl. Der wahre Mensch ist die Ware Mensch. Das war für mich die Initialzündung, eine Satire in diesem Milieu zu machen.

ddp: Sowohl Ihr Charakter, Hermann alias Germanikus, als auch der Film an sich trägt Polt'sche Züge. Die Strandszene mit Gisela Schneeberger zum Beispiel erinnert sehr an «Man spricht deutsh».

Polt: Die Strandszene habe ich unter anderem deshalb gemacht, weil ich einmal eine schöne Szene mit der Schneeberger spielen wollte. Wir sind 30 Jahre zusammen und haben eigentlich immer nur so kurze Begegnungen gehabt, kurze Wortwechsel. Ich dachte mir: Jetzt machen wir eine richtige Szene miteinander, das leisten wir uns.

ddp: Anke Engelke, Moritz Bleibtreu, Tom Gerhardt - «Germanikus» lebt von ungewöhnlich vielen Gastrollen. War das Ihre Idee?

Polt: Wer mitspielt und warum, ist eine Entscheidung der Produzenten, des Regisseurs, vielleicht auch des Verleihs. Das habe ich nicht zu bestimmen. Auf Deutsch gesagt: Wer zahlt, schafft an. Man folgte der Firmenpolitik, bekannte Namen zu nehmen. Ich muss aber sagen: Zu Leuten wie dem Bleibtreu habe ich persönlich einen sehr guten Kontakt gefunden, und ich glaube, dass auch sie sehr gerne mitgespielt haben. Ich habe aber nicht gesagt: Ich möchte sie haben.

ddp: Die Dreharbeiten liegen drei Jahre zurück, der Start wurde mehrmals verschoben. Nach technischen Problemen und interner Meinungsverschiedenheiten wurde die Komödie immer wieder neu überarbeitet. Sind Sie mit dem Film jetzt zufrieden?

Polt: Ich bin mit keinem meiner Kinofilme zufrieden. Zufriedenheit steht mir gar nicht zu. Ich sehe Film als Gegensatz zum Theater: Wenn ich auf die Bühne gehe und heute unzufrieden bin, kann ich mich morgen anders darstellen. Film ist irreversibel. Selbst bei «Kehraus», meinem ersten Film, gehe ich manchmal in Deckung und sage: Warum haben wir das nicht anders gemacht? Genauso verhält es sich bei «Man spricht deutsh» und jetzt auch beim «Germanikus»: Hinterher sieht man immer Dinge, die man hätte noch besser machen können. Und somit ist jeder Film immer auch ein Dokument der Fehler.