Interview Interview: Chefredakteur:

Berlin/München/dapd. - Der deutsche „Playboy“ feiert seinen 40. Geburtstag. Wann hatten Sie denn ihr erstes Heft in der Hand?
Boitin: Ich muss etwa 14 gewesen sein. Damals wurde der „Playboy“ in der Schule rumgereicht. Ich hab ihn dann mitgenommen, die Titelseite entfernt und das Heft in den Bettkasten gesteckt. Ich dachte, dann entdeckt es meine Mutter nicht. Als ich sie später auf die Geschichte angesprochen habe, hat sie mich nur schmunzelnd angesehen.
Ist es heute immer noch so, dass Männer am Kiosk eher verschämt nach dem „Playboy“ greifen?
Boitin: Es ist zwar keine Mutprobe mehr, den „Playboy“ öffentlich zu lesen, aber es ist schon ein selbstbewusstes Statement.
dapd: Nackte Frauen sind heute überall zu sehen. Was ist das Alleinstellungsmerkmal des „Playboys“?
Boitin: Das Alleinstellungsmerkmal ist nicht, dass wir nackte Frauen zeigen. Das war es aber auch noch nie. Die geniale Idee von („Playboy“-Gründer) Hugh Hefner war es, ein Magazin zu entwickeln, das dem Hedonismus frönt, das all das abbildet, was Männern Spaß macht. Das spielt sich aber nicht nur in der Region unterhalb des Bauchnabels ab, sondern auch deutlich darüber. Wir wollen den Mann intelligent unterhalten, auf verschiedenen Ebenen.
dapd: Also auch mit Texten?
Boitin: Ja, auch mit Text (lacht). Da geben wir uns durchaus Mühe und beschäftigen viele prominente Autoren. Und: Wo sonst finden sich Interviews mit Daniel Craig, Michael Schumacher, Karl Lagerfeld und dem Dalai Lama in einem Heft?
dapd: Die kostenlosen Erotikangebote im Internet sind also nicht ihre Hauptkonkurrenten?
Boitin: Überhaupt nicht. Man kauft sich den „Playboy“, aufgrund seiner Vielseitigkeit, und um besondere Frauen nackt zu sehen. Da zählt eben Exklusivität: Simone und Sophia Thomalla, Katarina Witt und Ursula Karven sehen Sie nur im „Playboy“ nackt. Und wie gesagt: Wenn wir ausschließlich erotische Fotos anzubieten hätten, dann würde es uns längst nicht mehr geben. Stil- und Spielregeln für Gentlemen, das vermittelt der „Playboy“ heute. Und das durchaus mit einem Augenzwinkern.
dapd: Lesen eigentlich auch Frauen den „Playboy“?
Boitin: Ja, sie machen etwa zehn Prozent der Leser aus. Das variiert aber je nach Titel. Vielen Leserinnen imponiert es, wenn Frauen jenseits der Vierzig zeigen, wie gut ihr Körper in Schuss ist und wie selbstbewusst sie damit umgehen.
dapd: Es zeigen sich ja immer öfter reifere Frauen auf dem Titel. Woran liegt das?
Boitin: Das ist eine gesellschaftliche Entwicklung. Wir alle versuchen, den Alterungsprozess immer weiter hinauszuzögern. Früher war Erotik der Jugend vorbehalten. Heute werden in Umfragen zu Deutschlands erotischsten Frauen Namen wie Hannelore Elsner genannt, die ja bereits unglaubliche 70 Jahre alt ist. Das wäre vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen.
dapd: Welche Prominente würden sie denn besonders gerne in Ihrem Heft sehen?
Boitin: Da gibt es noch sehr viele. Michelle Hunziker etwa würde sich hervorragend auf einem „Playboy“-Titel machen. Es ist aber bisher noch nicht dazu gekommen. Das ist auch eine Frage des richtigen Timings, für beide Seiten.
dapd: An wem haben Sie sich denn schon die Zähne ausgebissen?
Boitin: Das passiert so gut wie nie. Manchmal braucht man schon ein wenig Geduld. Auch Simone Thomalla hat nicht sofort Ja gesagt.
dapd: Sie sind seit drei Jahren Chefredakteur des „Playboys“. Wie haben Sie das Heft verändert?
Boitin: Ich habe an der DNA des „Playboys“ überhaupt nichts geändert, das wäre auch ein großer Fehler. Ich habe an feinen Stellschrauben gedreht. Ein wichtiges Anliegen ist mir, einerseits klassisch männliche Traumwelten zu zeigen, auf der anderen Seite aber auch die realen Lebenswelten der Leser abzubilden. Die Leser Monat für Monat mit für sie relevanten und aktuellen Themen zu unterhalten, daran arbeite ich mit meinem Team Tag für Tag.
dapd: Stimmt es, dass die Mehrheit der Redaktion weiblich ist?
Boitin: Die Hälfte. Im Fotobereich arbeiten nur Frauen, allerdings ist der Fotograf sehr häufig ein Mann. Frauen gehen kritischer mit anderen Frauen um, und können sich besser in sie hineinversetzen.
dapd: Wie hat sich der Geschmack der Männer verändert?
Boitin: Es gibt gesellschaftliche Entwicklungen. In den 50er Jahren verkörperte eine - im Vergleich zum heutigen Empfinden - durchaus fülligere Marilyn Monroe das Schönheitsideal. Und ja, die Haare unter den Achseln und zwischen den Beinen sind in der Regel weniger, die Fotomodels sind dünner und die Brüste oftmals künstlicher geworden. Das ist aber nichts, was der „Playboy“ propagiert oder erfunden hat. Wir bilden das ab, was Realität ist.
dapd: Sie sind mit dem Ziel angetreten, die Auflage zu steigern. Tatsächlich haben sich die Zahlen stabilisiert. Sind Sie zufrieden?
Boitin: Wir treten nicht gegen die 70er oder 80er Jahre an, sondern gegen die Wettbewerber in der Jetztzeit. Unser Ziel ist ganz klar, die Auflage weiter stabil zu halten. Wir wollen die Nummer Eins bleiben.
dapd: Haben Sie eigentlich schon einmal versucht, eine Politikerin oder Politikergattin zu einem Shooting zu überreden?
Boitin: Das wäre natürlich denkbar. Es hat sich bisher noch nicht zwingend angeboten. Aber wenn Frau Wulff mich anruft, dann werde ich abheben.