In vielen Disziplinen Spitze In vielen Disziplinen Spitze: Museum erinnert an reiche Sporttradition in Weißenfels

Weißenfels - Der 31. Mai 1953 war ein Sonntag und in Weißenfels sportlich-bewegt. In der DDR-Liga trat Motor Karl-Marx-Stadt II gegen Fortschritt Weißenfels I an, später trafen in einer Oberliga-Begegnung noch Karl-Marx-Stadt I gegen Chemie Zeitz I aufeinander.
Die Teams, die Punktspiele in den höchsten DDR-Ligen austrugen, waren aber weder Fuß- noch Volleyball-Mannschaften, wie man vielleicht annehmen könnte, sondern Roll-Hockey-Clubs. Eine Sportart, die heute so populär sein mag wie etwa Feldhandball - aber beides waren immerhin Disziplinen, in denen Weißenfels damals eine Hausnummer war.
1959 kam dann auch der Basketball nach Weißenfels. Der lenkt heute mit dem Mitteldeutschen BC bundesweite Beachtung auf die Saalestadt, wo der Verein derzeit in der Ersten Bundesliga um den Klassenerhalt kämpft. Aber bereits zu DDR-Zeiten warfen die Recken des SSV Einheit Weißenfels erfolgreich Körbe: Die letzte Saison der DDR-Oberliga beendete das Team 1991 auf dem dritten Platz.
Mit Unterstützung der Bürger
Wem das nicht exotisch genug ist, dem sei gesagt, dass in Weißenfels einst auch Wasserski-Sport so erfolgreich betrieben worden ist, dass sogar die Meisterschaften des Jahres 1964 - die drei Jahre nach dem Mauerbau noch das Attribut „deutsche“ tragen durften - auf der Weißenfelser Saale stattfanden.
Das alles erfährt, wer sich im Museum Weißenfels auf Schloss Neu-Augustusburg die Ausstellung „Sportsfreunde bewegen Weißenfels“ anschaut, die erstmals die reiche Sporttradition der Stadt in Wort und Bild dokumentiert. Als Novum darf gelten, dass diese Ausstellung nicht allein unter den Händen von Projektleiterin Andrea Wieloch (Berlin) und Kuratorin Sonja Thiel (Freiburg) Gestalt annahm, sondern auch mit Hilfe von 20 Sportvereinen und vielen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt.
Das sei auch eine Fördervoraussetzung der Kulturstiftung des Bundes gewesen, die Ausstellungen in Städten mit weniger als 200.000 Einwohnern finanziell unterstützt, wenn die Bürgerschaft an deren Entstehung aktiv beteiligt wird, wie Museumsleiter Aiko Wulff sagte.
Für sein Team hieß das in der Vorbereitung: „Runter vom Schlossberg und rein in die Stadt“, um mit Menschen, die in Weißenfels sportlich engagiert waren oder sind, ins Gespräch zu kommen. Auf diese Weise fanden auch Leihgaben in eine großformatige Vitrine, die einstige Weißenfelser Spitzensportler zur Verfügung stellten.
Zu diesen besonderen Exponaten gehört unter anderem jener Gürtel, der Ottomar Sachse (68) verliehen wurde, als der Boxer 1976 den Titel eines DDR-Meisters im Halbschwergewicht errang. Der in Weißenfels aufgewachsene Sportler, der später für den SC Chemie Halle in den Ring trat, gewann allein bei Welt- und Europameisterschaften der Amateure in seiner Gewichtsklasse sechs Medaillen.
Auch der gebürtige Weißenfelser Andreas Hajek (51) war DDR-Meister, sogar der letzte in seiner Disziplin: Die Goldmedaille, die der Ruderer im Jahr 1990 im Einer errang, ist ebenfalls Teil der Schau.
Aber nicht allein an Ausnahme-Athleten wird erinnert: „Wir bewegen uns im Spannungsfeld zwischen Spitzen- und Breitensport“, so Museumsleiter Wulff. Deshalb werden auch sportlich aktive und in Vereinen engagierte Weißenfelser vorgestellt, unter anderem in 13 Interviews, die in der Schau auf Multimediastationen abrufbar sind.
Stattliches Rahmenprogramm
Spitzen- und Breitensportler werden in der Laufzeit der Ausstellung bis Ende Juni noch mehrfach zusammenkommen. Denn das Rahmenprogramm ist erstaunlich umfangreich, umfasst Schnupperkurse ebenso wie Führungen, Vorträge und Gesprächsrunden. So wird Andreas Hajek, der als Ruderer nicht nur DDR-Meister, sondern auch Olympiasieger und Weltmeister war, am 31. Januar 2020 einen Vortrag halten. Und Ex-Box-Champions Ottomar Sachse ist am 8. Mai Teilnehmer einer Gesprächsrunde, die dem Thema „Sport in der DDR“ gewidmet wird.
Über Weißenfelser Sportgeschichte wäre wohl noch viel mehr zu berichten. Daran erinnern zwei Reproduktionen verwaschener Fotos: Eins zeigt den DDR-Radrennfahrer Adolf „Täve“ Schur (88) während einer Etappe der Internationalen Friedensfahrt 1955 in Weißenfels, das andere den Berliner Ringer und kommunistischen Widerstandskämpfer Werner Seelenbinder (1904-1944), der Anfang der 1930er Jahre die Ringerstaffel des Arbeitsportvereins Weißenfels besuchte. All das wird auf einer Internetseite zusammengefasst, die, wie Aiko Wulff sagte, über das Ausstellungsende hinaus online bleiben soll. (mz)
››„Sportsfreunde bewegen Weißenfels“: bis zum 28. Juni 2020 im Museum Weißenfels im Schloss Neu-Augustusburg, Zeitzer Straße 4, Di-So 10-16 Uhr
››Ausstellung und Programm im Netz: www.sportsfreunde-weissenfels.de
