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Im Supermarkt der Bilder Im Supermarkt der Bilder: Ein Abend in der sachsen-anhaltischen Akademie

Von Andreas Montag 01.12.2018, 09:00
Eines der „Spot Paintings“ des Briten Damien Hirst, 2017 beim Auktionshaus Sotheby’s in London. 
Eines der „Spot Paintings“ des Briten Damien Hirst, 2017 beim Auktionshaus Sotheby’s in London.  imago/

Halle (Saale) - Ist die Kunst noch zu retten? Und gar ihre viel beschworene Autonomie? Der Hamburger Philosoph, Kunsthistoriker und Publizist Wolfgang Ullrich, der unter anderem in München, Karlsruhe und Tokio lehrte, ist da skeptisch. Der Markt mit seinen oft Schwindel erregenden Preisen für Stars steht auf der einen Seite - auf der anderen stehen fehlende Ausstellungsmöglichkeiten für viele Künstler und das sinkende Interesse des Publikums, so Ullrichs Befund.

Darüber hat er am Donnerstag im Literaturhaus Halle mit dem Kölner Kunstwissenschaftler Johannes Stahl und den Gästen des Abends gesprochen. Eingeladen hatte die Akademie der Künste Sachsen-Anhalt. Es war nach dem Gespräch mit dem in Halle lebenden Lektor und Autor Klaus Pankow im Oktober bereits die zweite Soirée, die sie veranstaltete - eine offensichtlich gern angenommene Einladung an die Stadtgesellschaft, wie die zahlreichen Besucher im Haus in der Bernburger Straße belegt haben.

Kunst: Ist der Preis automatisch ein Ausweis von Qualität?

Aber was ist nun dran an Professor Ullrichs Thesen? Sie sind zweifellos scharf formuliert und durch die gesellschaftliche Praxis auch deutlich belegt. Die autonome Kunst, ganz sich selbst, aber auch der Öffentlichkeit verpflichtet durch radikale (In-)Fragestellung, ist arm dran, während die Reichen sich repräsentative Kunst kaufen, koste es, was wolle.

Die Akademie der Künste Sachsen-Anhalt veranstaltet am 9. Dezember ihre erste Kunstauktion. Vorbesichtigung im Literaturhaus Halle, Bernburger Straße 8, ab 14 Uhr, Auktion ab 16 Uhr. Gezeigt werden Werke u. a. von Sebastian Gerstengarbe, Nancy Jahns, Moritz Götze, Wieland Krause, Rüdiger Giebler, Thomas Blase und Bruno Raetsch.

Die „Spot Paintings“, populäre Bilder mit farbigen Punkten, die der britische Überflieger Damien Hirst malt, führt Ullrich an. Es gibt sie in vielen Varianten und Ausführungen, unterschiedlich hochpreisig und auf jeden Fall als eine Art Ausweis für den jeweiligen Käufer taugend, dass man „dazu gehört“. Aber ist der Preis automatisch ein Ausweis künstlerischer Qualität? Ähnlich trübe sieht es Ullrich und Stahl zufolge, der Mitglied der noch jungen Akademie der Künste Sachsen-Anhalt ist, im Bereich der politisch ambitionierten Kunst aus.

Gegen den Strom sein

Auch hier geht die Reise zum Repräsentativen und damit oft Beliebigen, wie man es zuletzt auch auf der documenta in Kassel antreffen konnte. Käufer solcher Kunst, die das Politische demonstrativ ausstellt, aber nicht über das hinaus weist, was einem ohnehin bekannt ist, verhalten sich Ullrich zufolge wie Kunden im Biosupermarkt: „Man will sich ein gutes Gewissen kaufen.“

Die Akademie hat den Mainstream mit teils polemischen Künstlerpositionen konfrontiert, ausgewählt von Jörg Wunderlich - darunter das „Anti-Objekt-Manifest“, mit dem die Münchner Gruppe Geflecht 1965 antrat. Gegen den Strom sein, ein Forum bieten - darum geht es den Aktivisten auch jetzt. Um Haltung also. Das ist nicht wenig. (mz)