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Ibes-Staffel 10 Ibes-Staffel 10: Dschungelcamp: Helden der Verwertungskette

Von Anne Burgmer 14.01.2016, 17:44
Ehemalige Kandidaten im Dschungel unter sich: Dschungelkönigin Maren Gilzer (l-r), Casting-Director und Entertainer Rolf Scheider und Moderatorin und Schauspielerin Barbara Engel
Ehemalige Kandidaten im Dschungel unter sich: Dschungelkönigin Maren Gilzer (l-r), Casting-Director und Entertainer Rolf Scheider und Moderatorin und Schauspielerin Barbara Engel dpa Lizenz

Schüler kennen das. Wenn es mit den Noten mal nicht so läuft, halten Eltern gerne eine Predigt, dass ohne eine gute Ausbildung in unseren Zeiten kein Erfolg mehr möglich sei. Dabei beweisen die zwölf Kandidaten im RTL-Dschungelcamp, dass es durchaus einen Beruf gibt, bei dem Vorkenntnisse eher hinderlich sind: Reality-TV-Darsteller. Es ist ein Berufsbild, das es bis vor ein paar Jahren noch gar nicht gab, das aber mittlerweile fest zum Fernsehgeschäft gehört. Menschen, für die der etwas hilflose Begriff des C- bis Z-Promis erfunden wurde, weil das frühere Schimpfwort B-Prominenz schon zu hoch gegriffen wäre.

Nehmen wir Sarah Knappik. Nach dem Abitur folgte eine abgebrochene Ausbildung zur Werbekauffrau. Dann nahm sie 2008 an der Casting-Show „Germany’s Next Topmodel“ teil und wurde achte. Danach gab es Auftritte bei „Das perfekte Promi-Dinner“ und „Die Model WG“, bis dann 2011 der Höhepunkt ihrer Karriere folgte. Knappik ging ins Dschungelcamp. Angeblich erhielt sie dafür eine Gage von immerhin rund 30 000 Euro. Und weil sie durch ihr ewiges Gequengel und ihren Narzissmus im Dschungel aufgefallen war, setzte sie hinterher die komplette Verwertungskette eines Reality-TV-Stars in Gang.

Gagen ein offenes Geheimnis

Es folgte die Teilnahme bei „Total Blackout – Stars im Dunkeln“ (RTL), „Wild Girls – Auf High Heels durch Afrika“ (RTL) und zuletzt „Ich bin ein Star – Lasst mich wieder rein!“ (RTL). Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Über die Gagen schweigen sich die Sender beharrlich aus, aber es kursieren dennoch Summen. So sollen die Kandidatinnen bei „Wild Girls“ laut „Bild“ ein Antrittsgeld von zirka 10 000 Euro, plus eine Tagesgage von 2000 Euro erhalten haben. Für die Siegerin Sarah Kalka – auch sie war im Dschungel – gab es angeblich 30 000 Euro extra. Summen, von denen viele andere im Fernsehen Tätige nur träumen können.

So sagte der einst durchaus ernstzunehmende Schauspieler Mathieu Carrière – auch er war Dschungel-Kandidat: „Trash-TV zahlt besser als alle anderen Formate.“ Hier habe er in fünf Jahren zehnmal mehr verdient als mit seinen Filmrollen.

Man mag das belächeln und sich fragen, wovon jemand wie Sarah Knappik leben will, wenn sich niemand mehr für sie interessiert. Aber um zu verstehen, was bei konsequenter Verwertung dieses Berufsbildes möglich ist, muss man nur in die USA schauen: Nüchtern betrachtet ist Kim Kardashian die 35 Jahre alte Frau eines Popstars, die durch ihre Freundschaft mit Paris Hilton und ein Sextape berühmt wurde und ihr Leben in einer Reality-Soap ausbreitet. Kardashian hat nichts gelernt und kann nichts wirklich gut.

„Berühmt dafür, berühmt zu sein“

Außer sich selbst zu vermarkten. Darin ist sie Weltklasse. Fast 58 Millionen Follower bei Instagram, 39 Millionen haben sie bei Twitter abonniert, 27 Millionen bei Facebook. Die Amerikaner nennen dieses Phänomen treffend „Famous for being famous“ („berühmt dafür, berühmt zu sein“). Und damit verdient Kardashian – wie auch der Rest ihrer Familie – viel Geld. Laut Forbes waren es allein 2015 unglaubliche 53 Millionen Dollar. Das Magazin bescheinigte ihr, ihren Ruhm besser als jeder andere zu Geld zu machen.

So weit sind wir in Deutschland noch lange nicht. Doch auch in der neuen Staffel von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ erhoffen sich die Teilnehmer wieder den schnellen Ruhm, der sich zu Geld machen lässt. Sei es Menderes Bagci (Ex-DSDS-Kandidat) oder die Vierte der letzten Staffel von „Germany’s Next Topmodel“, Nathalie Volk. Und obwohl sich Sender wie RTL über die Erfolglosigkeit ihrer Kandidaten lustig machen, sind sie auch auf sie angewiesen. Liefern sie doch den Nachschub für die unzähligen Reality-Showformate, mit denen das Privatfernsehen weite Strecken seines Programms füllt. Und das Publikum liebt sie insgeheim, weil es sich ihnen überlegen fühlen kann. Auch wenn es das nie zugeben würde.