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Holocaust Holocaust: Der «Zug der Erinnerung» hält in Berlin

13.04.2008, 13:31
Dicht gedrängt warten rund tausend Besucher der Ausstellung «Zug der Erinnerung» am Sonntag auf einem Bahnsteig im Ostbahnhof in Berlin auf den Ausstellungsbeginn. (Foto: dpa)
Dicht gedrängt warten rund tausend Besucher der Ausstellung «Zug der Erinnerung» am Sonntag auf einem Bahnsteig im Ostbahnhof in Berlin auf den Ausstellungsbeginn. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - , wo der Zug mit einer Dokumentationsausstellung über Deportationen von Kindern und Jugendlichen in der NS-Zeit nun zunächst hielt. Mit Blick auf den wochenlangen Streit mit der Deutschen Bahn zeigte sich der Vorsitzende des Trägervereins, Hans-Rüdiger Minow, versöhnlich. Die Ausstellung solle nicht «überlagert werden durch Konflikte, die das Ziel in Vergessenheit geraten lassen könnten.» Die Reichsbahn, einerder Vorläufer der Deutschen Bahn, war an den Deportationen während des NS-Regimes entscheidend beteiligt gewesen.

Minow betonte: «Wir haben den Konflikt nicht gesucht». Die Bahnhatte mit Verweis auf mögliche erhebliche Verspätungen undVerkehrsprobleme einen Halt im neuen Hauptbahnhof unweit desRegierungsviertels abgelehnt. Der Gedenkzug wird bis Montagabend amOstbahnhof, dem einstigen Hauptbahnhof im Ostteil der Stadt, stehen.Danach geht es bis zum 22. April zu den anderen Berliner BahnhöfenLichtenberg, Schöneweide, Westhafen und Grunewald. Nach weiterenStationen in Ostdeutschland soll er Anfang Mai im ehemaligenVernichtungslager Auschwitz in Polen eintreffen.

In einem bewegenden Vortrag schilderte am Sonntag der ZeitzeugeHerbert Schenkmann seine Erlebnisse bei den Bahntransporten in dieKonzentrations- und Vernichtungslager, unter anderem nachTheresienstadt und Auschwitz. «Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen,viermal mit der Reichsbahn befördert worden zu sein», sagte er.

Auch der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele (Grüne) waram Sonntag zum Ostbahnhof gekommen. «Es ist etwas völlig anderes, obich etwas über die Deportationen lese oder man es bildlich vor Augengeführt bekommt. Da schaudert es mich», sagte er. So müsse es damalsauch gewesen sein, als die Züge Richtung Auschwitz in den BerlinerBahnhöfen bereitgestellt worden seien. Als «schamlos und völligunverständlich» bezeichnete Ströbele die Weigerung der Deutschen BahnAG, den «Zug der Erinnerung» im Hauptbahnhof halten zu lassen. DieBahn blockiere anstatt zu unterstützen.

Am Samstagabend hatten rund 600 Menschen auf einer Veranstaltungdes Trägervereins am Brandenburger Tor der Opfer von Deportationengedacht. Die Kundgebung richtete sich auch gegen die Bahn und derenUmgang mit ihrer Geschichte. Anschließend wurden vor der Bahn-Zentrale am Potsdamer Platz 4646 Kerzen zur Erinnerung an die Zahlder deportierten Berliner Jugendlichen angezündet. Dabei kam es zueinem Zwischenfall: Ein 17-Jähriger hatte nach PolizeiangabenTeilnehmer mit antisemitischen Äußerungen beschimpft. Er wurdefestgenommen.

Bisher haben nach Angaben des Trägervereins rund 160 000 Menschenan europaweit 50 Stationen die rollende Ausstellung besucht. Der Zugfährt seit November durch Deutschland. Nach dem Aufenthalt in Berlinsoll er noch in Brandenburg an der Havel, Potsdam, Cottbus, Dresden,Bautzen und Görlitz Station machen, bevor er die Grenze nach Polenüberquert. Die letzte Etappe endet am 8. Mai in der Gedenkstätte vonAuschwitz.