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Hindenburg-Denkmal Hindenburg-Denkmal: Der Feldherr in der Grube

Von Christian Eger 10.06.2004, 17:59

Kyffhäuser/MZ. - Dass es dieses Denkmal gegeben hat, war kein Geheimnis, aber eine über die DDR-Jahrzehnte gedeckelte Tatsache. Paul von Hindenburg (1847-1934), Generalfeldmarschall und von 1925 an letzter Reichspräsident, war der Ehrenvorsitzende des Kyffhäuserbundes. Die 1900 gegründete Massen-Organisation sammelte jene Kriegervereine unter einem Dach, die das 1896 eingeweihte Kyffhäuser-Memorial zur Verherrlichung des Reichsgründers Kaiser Wilhelm I. angeregt und schließlich finanziert hatten. Vier Millionen Mitglieder zählte der 1943 aufgelöste Bund in seinen Spitzenzeiten. Die Kaiserzeit-Veteranen verehrten in Hindenburg den Heerführer, die Nazis den Verbindungsmann zum alten Preußentum. Dass der Kriegerbund 1939 ein Denkmal für Hindenburg errrichten ließ, lag in der Logik der Kyffhäuser-Anlage, die ja eine Art von national-militaristischer Akropolis ist. Dass die Russen den Porphyr-Trumm schließlich vom Sockel holten, um ihn zu vergraben, ist genauso nachvollziehbar.

Heute aber erscheint gar nichts mehr als logisch. Paul Breul, der vor zwei Jahren aus Remscheid zum Kyffhäuser zog, um das Hotel zu übernehmen, sieht sich einem ideologischen Reizklima ausgesetzt, das sich aus Gerüchten, Ressentiments und Halbwissen speist.

Die "Bild"-Zeitung berichtet von einem "Hindenburg-Café", das Breul errichten wolle: Alles Quatsch, sagt der 53-Jährige der MZ. In der "Thüringer Allgemeinen" fabelt ein Denkmalpfleger von "Horden schwarz-brauner Touristen", die er für den Fall einer Neuaufstellung Hindenburgs hin zum Kyffhäuserberg wallfahren sieht. Alles also wie immer: panisch, putzig und schlecht informiert. Offenbar hat man vor Ort den Kyffhäuser als Märchen-Kaiser-Park begriffen, der vor 100 Jahren als Wochenend-Auslauf für Kinder und deren zahlende Großeltern eröffnet wurde.

Die Zutaten der Hindenburg-Story sind auch zu gut gemischt, um sie einfach so passieren zu lassen. Erstens Hindenburg: Der gilt jenen Deutschen, die vergessen machen wollen, dass Hitler auch auf starke Zustimmung im Volk traf, als alleiniger Hitler-Ermöglicher. Zweitens: Zahlenmystik. Am achten Juni 1939 besuchte Hitler das Hindenburg-Denkmal, am achten Juni dieses Jahres meldete "Bild" den Denkmalfund: Wer sieht da welchen Zusammenhang? Drittens: Stasi. Das heutige "Kyffhäuserhotel" war eine Ferien-Anlage des Dunkelmännerdienstes.

Entsetzen also auf vielen Seiten. Die Denkmalämter der Region streiten sich, ob das Denkmal überhaupt ein Denkmal sei, und wem es denn gehören soll. Als gäbe es da im Land der Bismarck- und Hindenburg-Türme überhaupt etwas zu streiten. Der Begas-Schüler Hermann Hosaeus (1875-1958) war einer der prominentesten Bildhauer seiner Zeit; er hat unter anderem das Burschenschaftler-Denkmal in Gestalt eines brüllenden Löwen in Nähe der Rudelsburg gemeißelt.

Und wie steht es um die Hindenburg-Skulptur? Paul Breul hatte im vorigen Jahr das Fundament des Denkmals aufgespürt; ihm war klar, Hindenburg muss ganz in der Nähe liegen. In einer Tiefe von 1,20 Metern fand er nun den Feldherrn im 30er-Jahre-Stil: Bürstenkopf statt Pickelhaube. Drei Meter, sagt Breul, seien freigelegt, mehr gehe nicht. Die zwei Meter Beinpartie liegen unter einem Anbau, den die Stasi als Bürotrakt hochzog.