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Hilmar Thate Hilmar Thate: Der große Schauspieler ist im Alter von 85 Jahren gestorben

Von Andreas Montag 18.09.2016, 21:39
Der Schauspieler Hilmar Thate in einer Szene aus „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ von Rainer Werner Fassbinder. Der Film gewann 1982 den Hauptpreis der Berlinale.
Der Schauspieler Hilmar Thate in einer Szene aus „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ von Rainer Werner Fassbinder. Der Film gewann 1982 den Hauptpreis der Berlinale. I. Bajzat/dpa

Halle (Saale) - Dieses nachdenkliche, scheinbar unbewegte, aber wie von innen glühende Gesicht hat man nie aus dem Gedächtnis verlieren können, auch wenn der Schauspieler Hilmar Thate keineswegs überpräsent war, jedenfalls nicht auf der Kinoleinwand und im Fernsehen. Seine prägenden Rollen haben den 1931 in Dölau bei Halle geborenen Schauspieler unvergesslich gemacht - sei es in dem DDR-TV-Film „Daniel Druskat“, sei es als Sportreporter Robert Krohn in Reiner Werner Fassbinder spätem Film „Die Sehnsucht der Veronika Voss“. In dem Meisterwerk über eine alte Ufa-Schauspielerin, die in der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr Fuß fassen kann und deren Leben zwischen Verzweiflung und Drogen erlischt, spielte Thate neben der großartigen Rosel Zech.

Fassbinder starb 1982 - im gleichen Jahr, in dem er mit diesem Film noch einmal Erfolge gefeiert hatte. Rosel Zech ist 2011 gestorben - und nun auch Hilmar Thate, bereits Mitte der vergangenen Woche, wie erst jetzt bekannt geworden ist. Er wurde 85 Jahre alt. Und als ob es eine bittere Ironie des Schicksals sein sollte - auch der amerikanische Dramatiker Edward Albee ist tot (siehe Kulturseite). In einer Inszenierung von dessen berühmtestem Stück, „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“, hat Thate an der Seite seiner Frau Angelica Domröse auf der Bühne gestanden.

Thate fühlte sich am Theater zu Hause

Das Theater war der Ort, an dem sich Thate zu Hause fühlte, auch wenn er als Filmdarsteller überaus erfolgreich gewesen ist - erinnert sei auch an Konrad Wolfs Defa-Streifen „Der geteilte Himmel“ oder „Der König von St. Pauli“ von Dieter Wedel. Darin war Thate als Kiezgröße aus dem Rotlichtmilieu zu erleben, er spielte die Rolle ebenso souverän wie die des gereiften Komponisten Hanns Broch in „Hitlerkantate“, der ein Nazigegner ist und sich in eine junge Parteigängerin des „Führers“ verliebt.

Dem starken Werk der Regisseurin Jutta Brückner, das 2006 ins Kino kam, war leider nicht die gebührende Aufmerksamkeit beschieden. Thate hatte viel Energie und Leidenschaft gerade in diese Arbeit investiert, das merkte man an jedem Wort, als er damals über den eben fertig gestellten Film sprach.

Mit Film „Engel aus Eisen“ für Aufsehen gesorgt

Halbe Sachen gab es für Thate nicht. Er stand mit ganzer Person für das, was er für richtig hielt - auch im Politischen. Die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann im Herbst 1976 durch die DDR-Behörden war deshalb eine entscheidende Zäsur für ihn, Thate protestierte, wie es zahlreiche andere Künstler und Intellektuelle getan hatten. Er nahm die eingeschränkten Arbeitsmöglichkeiten, die der Staat ihm auferlegte, zunächst hin, ging dann aber doch, angewidert vom unbelehrbaren System der Betonköpfe, mit seiner Frau in den Westen.

Dort konnte er nahtlos an seine Ost-Erfolge anknüpfen, hat 1981 in Thomas Braschs Film „Engel aus Eisen“ für Aufsehen gesorgt - und Triumphe auf den Westberliner Bühnen gefeiert. Sein Publikum in der DDR blieb ihm in Treue verbunden, wie er den Menschen hier stets nahe gewesen ist. Sein Halle, woher er kam, hat er nie vergessen. Nun fehlt er sehr.

(mz)