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Henning Mankell Henning Mankell: Wallander kämpft mit Alzheimer

17.08.2009, 06:21

Stockholm/dpa. - Leidet Kommissar Kurt Wallander an beginnendemAlzheimer? Das ist die düstere und alles überschattende Frage inHenning Mankells neuem Roman mit dem knurrigen Kripomann aus Ystad.Schwedische Leser können die Antwort jetzt auf der letzten von 555Seiten nachlesen, während sich die deutsche Fangemeinde noch bis zumFrühjahr 2010 gedulden muss.

Nach zehn Jahren Pause hat Schwedens erfolgreichster Krimiautor mit«Der unruhige Mann» («Den orolige mannen», Leopard Verlag, Stockholm)sein Versprechen an sich selbst gebrochen, keinen zehntenWallander-Krimi zu schreiben. Ihn hätten vor allem unbewältigteschwedische Konflikte aus der Zeit des Kalten Krieges und der Kampfvieler Menschen jenseits der 60 mit Gedächtnislücken wieder zumSchreiben gebracht, erzählte Mankell bei einer Präsentation.

Wallander, ziemlich einsam, beruflich nicht mehr so fest im Sattelund von Tochter Linda zum Opa gemacht, erlebt extrem beängstigende«Löcher» (Was will ich eigentlich? Was ist passiert?) bei der Suchenach Louises verschwundenen Schwiegereltern. Der adligeSchwiegervater war hoher Marineoffizier und bis in die 80er Jahre ander Jagd nach mysteriösen fremden U-Booten vor Schwedens Küstebeteiligt. Als auch die Ehefrau wie vom Erdboden verschluckt ist,kommt der Verdacht auf, dass einer von beiden vielleicht bei dergroßen U-Boot-Jagd vielleicht «der» Spion für Moskau gewesen seinkönnte.

Die Spannung bis zur Auflösung dieses Rätsel hält sich in Grenzen,und sie fällt nicht sonderlich originell aus. Mankell treibt dieGeschichte, wie immer in seinen Krimis, langsam bis betulich voran.Zu betulich, zu wenig originell, mit enorm viel Leerlauf und einem inSchweden doch reichlich ausgelutschtem Thema, muss man wohl sagen.

Mehr Mühe und Liebe hat der 61-jährige Autor auf die Schilderungvon Wallanders erfolglosem Kampf gegen das Altern verwandt. Trostimmerhin für mitfühlende Leser: Der Kommissar vergisst zwar beimeinsamen abendlichen Trinken in einer Ystader Kneipe seine geladeneDienstwaffe und kann sich hinterher an nichts erinnern. Aber späterkommt ihm dann doch noch die brillante Idee zur Lösung des Falles.

Das «wirkliche» Ystad an Schwedens Südspitze erlebt gerade wiedereine sommerliche Invasion von Wallander-Fans auf der Suche nachSchauplätzen. Diesmal kommen sie aus Großbritannien, nachdem KennethBrannagh in drei neuen TV-Verfilmungen als inzwischen vierterWallander-Darsteller brilliert hat. Der Kommissar lebt für dieKrimi-Gemeinde in höchstem Maß weiter. Ob mit oder ohne Alzheimer.

Mankell aber macht Schluss, wie man auf Seite 555 nachlesen kann:«Die Erzählung von Kurt Wallander ist unwiderruflich zu Ende.» Dievielleicht zehn oder mehr Jahre, die noch blieben, gehörten nur ihm,seiner Tochter Linda und Enkel Klara, niemandem sonst.